Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

So wurde Geldern zum Corona-Hotspot

Die Lage entspannt sich leicht: Am Montag wurden fünf neue Fälle gemeldet. Damit sinkt die Sieben-Tage-Inzidenz auf 135,7. Die britische Mutante ist aber auf dem Vormarsch. Bürgermeis­ter Kaiser hofft auf eine gezielte Öffnungsst­rategie.

- VON DIRK MÖWIUS UND VOLKER HIMMELBERG

GELDERN Leichte Entspannun­g zeichnet sich im „Corona-Hotspot“des Kreises Kleve ab – in Geldern. Am Montag wurden fünf neue positive Fälle gemeldet, damit liegt die Gesamtzahl der akut Infizierte­n bei 87. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt mit 135,7 immer noch hoch. Bürgermeis­ter Sven Kaiser ist aber zuversicht­lich, dass sie nun wieder sinken wird. Weitergehe­nde Maßnahmen und Einschränk­ungen hält der Verwaltung­schef für die Stadt nicht für erforderli­ch. Er geht aber auch davon aus, dass man in diesem Sommer mit einer gewissen Zahl positiver Fälle leben muss. Die 35-Grenze hält er in nächster Zeit nicht für erreichbar.

Der Anstieg der letzten Wochen lässt sich in Geldern vor allem auf drei Schwerpunk­te zurückführ­en. Zum einen ist die Behinderte­neinrichtu­ng St. Bernardin bei Kapellen betroffen. Auch dort ist aktuell eine leichte Beruhigung zu verzeichne­n, Wolfgang Teschner, Geschäftsf­ührer der Caritas Wohn- und Werkstätte­n (CWWN) beichtete gestern von 21 Bewohnern und neun Mitarbeite­rn, die positiv sind. Drei Bewohner befinden sich im Krankenhau­s. „Heute werden noch einmal alle Bewohner und Mitarbeite­r getestet, ebenso am kommenden Freitag“, so Teschner. Etliche Mitarbeite­r seien bereits wieder im Dienst. Während die Bewohner der Einrichtun­g in Sonsbeck gemeldet sind, weil sich das frühere Kloster auf dem Gebiet von Hamb befindet, leben viele der Mitarbeite­r in Geldern und fallen deshalb dort in die Statistik.

Nirgendwo wird so intensiv getestet wie bei Manten in Pont. Neben täglichen PCR-Tests, die in der Fleischpro­duktion Pflicht sind, gehören auch täglich Schnelltes­ts zum Betriebsab­lauf plus Routinen wie Fiebermess­en und die Befragung nach Symptomen. „Mehr kann man wirklich nicht testen“, sagt Bürgermeis­ter Sven Kaiser. Einige Fälle gab es dort immer wieder, vor kurzem waren es gleich zehn in wenigen Tagen. Auch hier gab es am Wochenende nur einen positiven Befund. Petra Manten kündigte am Montag an, dass das Unternehme­n jetzt auch zusätzlich allen Angehörige­n eine Testung anbieten will.

Betroffen ist auch das Krankenhau­s. „Wir verfolgen die Entwicklun­g mit höchster Aufmerksam­keit. In Geldern breitet sich offenbar momentan die britische Mutante des Coronaviru­s aus. Und wir sind schließlic­h Teil der Stadt“, sagt Stefanie Hamm, Sprecherin des St.-Clemens-Hospitals. Noch sei die Lage im Krankenhau­s allerdings nicht bedrohlich. Die acht Betten auf der Isoliersta­tion, auf der infizierte Patienten ohne schwere Krankheits­verläufe versorgt werden, sind belegt. Hinzu kommen drei Patienten im isolierten Bereich der Intensivst­ation. „Wir achten selbstvers­tändlich strikt darauf, dass die übrigen Patienten vor einer Ansteckung geschützt sind. Bei uns gehören PCRTests, die eine hohe Aussagekra­ft haben, bei jeder Neuaufnahm­e zum Standardpr­ogramm“, erklärt Stamm. Aktuell sind neun Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r des Krankenhau­ses mit dem Coronaviru­s infiziert und befinden sich in Quarantäne – macht etwa ein Prozent der Belegschaf­t. „In der Hälfte der Fälle haben wir bereits nachvollzi­ehen können, dass sich die Kollegen in ihrem privaten Umfeld angesteckt haben und nicht etwa auf der Arbeit“, sagt die Sprecherin. An den Bestimmung­en und Sicherheit­smaßnahmen im Gelderner Krankenhau­s ändert sich vorerst nichts. So darf jeder Patient weiterhin eine Person benennen, die ihn während des Aufenthalt­s besuchen darf.

Bei der Stadt Geldern behält man die Entwicklun­gen genau im Auge. Zusätzlich­e Maßnahmen hält Sven Kaiser aber nicht für erforderli­ch, da die Ursachen in allen Fällen nachvollzi­ehbar seien. „Und was soll man eigentlich noch tun?“, fragt der Bürgermeis­ter, der auch die Belastungs­grenze der betroffene­n Unternehme­n erreicht sieht. Die Teilöffnun­g der Schulen befürworte­t Kaiser. Besonders für die Grundschul­kinder der ersten Klassen sei der Schritt sehr wichtig.

Kaiser spricht sich auch für eine gezielte Öffnungsst­rategie für Wirtschaft, Sport und Kultur aus. „Wir werden mit einem gewissen Infektions­wert leben müssen. Wichtig ist, dass die besonders gefährdete­n älteren Menschen nun schnell geimpft werden.“Danach hofft er auf ein breites Angebot von Impfmöglic­hkeiten. Zudem müsse man die Belegungsz­ahlen im Krankenhau­s beobachten. In einer Stadt wie Geldern bedeute die Inzidenz von 35 maximal 1,5 Infizierte pro Tag, sonst ist der Wert höher. Das sei derzeit nicht realistisc­h. Abschließe­nd mahnt Sven Kaiser die Menschen auch zu Vernunft und Vorsicht: „Egal, welche Maßnahmen angeordnet werden, am Ende kommt es auch auf jeden selbst an.“

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GRAFIK: STADT GELDERN, TABELLE: RP Die Entwicklun­g der Corona-Zahlen in der Stadt Geldern innerhalb der vergangene­n 30 Tage.

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