Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Die Friseure atmen auf
Die Studios dürfen ab März wieder öffnen. Der Gocher Jochen Valentin hat kaum mehr freie Termine im kommenden Monat. Froh sind er und seine Kollegen über den Neustart aber allemal. Die Hygieneregeln werden noch strenger.
GOCH/KLEVE Kunden dürfen noch nicht in den Friseursalon von Jochen Valentin in der Gocher Frauenstraße kommen. Dennoch ist der 53-Jährige den ganzen Tag vor Ort. Immerhin steht Valentins Telefon nicht mehr still, seitdem die Politik angekündigt hat, dass die Friseure ab März wieder Hand anlegen dürfen. „Wir freuen uns über die Öffnungen sehr. Ich hatte im Dezember nicht so recht damit gerechnet, dass wir wieder schließen müssen. Genauso wenig hatte ich nun damit gerechnet, dass wir wieder öffnen dürfen“, sagt Valentin. Doch Friseursalons seien nachweislich kein Corona-Herd gewesen. Jochen Valentin führt seit mehr als zwanzig Jahren seinen Salon in der Gocher Innenstadt und ist Mitglied im Vorstand der Kreis Klever Friseurinnung.
Endlich kann den grauen Ansätzen, längst herausgewachsenen Schnitten oder den splissigen Spitzen der Kampf angesagt werden. „Wenn ich durch die Stadt laufe und die vielen wuchernden Frisuren sehe, dann juckt es mich in den Fingern. Am liebsten hätte ich da schon vor Wochen Hand angelegt“, sagt Valentin, der vier Mitarbeiter beschäftigt. Die vergangenen Monate seien hart gewesen – zumal die staatlichen Überbrückungshilfen längst nicht so zuverlässig ausgezahlt worden seien wie angekündigt. Stärker noch: Bislang hat Jochen Valentin im zweiten Lockdown noch keinen Cent gesehen. Die Zahlungen dürften folgen, wenn der Salon wieder geöffnet hat. Doch auch dann sollen nur 90 Prozent der Fixkosten, also etwa die Kosten für Miete und Strom, erstattet werden. Zuletzt lebte der Friseurmeister von seinen Ersparnissen, seine Angestellten vom Kurzarbeitergeld.
„Ich bin unglaublich froh, dass auch unsere Kunden so lange durchgehalten und auf uns gewartet haben. Umso schöner ist es, dass nun alle wieder zurückkommen“, sagt Valentin. Jedwede Anfragen, illegal zu arbeiten, habe er abgelehnt. Dennoch gehe er davon aus, dass der Schwarzmarkt auch in Goch zuletzt floriert habe. Allerdings musste er sich in den vergangenen Tagen gut überlegen, nach welchem Schema er die Termine vergibt. Klar, einige Menschen hätten sich sofort bei dem Gocher gemeldet – über soziale Medien, WhatsApp oder per Telefon. Doch auch Jochen Valentin selbst meldete sich bei seinen Stammkunden – und verteilte die
Termine, wenn möglich chronologisch. „Ich habe zuerst die Kunden angerufen, die am längsten auf ihren Schnitt warten. Das halte ich für fair. Die Leute zeigen auch großes Verständnis dafür, dass nicht alle sofort dran sein können“, sagt er.
Klar ist aber auch: Die ohnehin strengen Hygieneregeln für Friseure werden noch weiter verschärft. Nicht nur, dass die Friseure künftig mit FFP2-Maske oder medizinischer Mund- und Nasenbedeckung Haare schneiden.
Auch darf die Mindestfläche von zehn Quadratmetern pro Person nicht unterschritten werden, wenn sich mehrere Menschen im Salon befinden. Für Jochen Valentin heißt das: Vier Kunden dürfen sich gleichzeitig in seinem Geschäft aufhalten.
In normalen Zeiten sind es mehr.
Auch der Klever Friseur Ludger Lousee, der in der Herzogstraße seinen Salon führt, ist erleichtert über die Öffnungsperspektive. Er hatte sich vor einigen Wochen mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit gewandt, um Alarm zu schlagen. Über den erneuten Lockdown hatte der 50-Jährige gesagt: „Machen wir uns nichts vor: Viele Läden werden so ruiniert.“Nun gebe es allerdings für die krisengeschüttelten Friseure endlich wieder eine wirtschaftliche Chance. „Wir stehen ohne Zweifel in den Startlöchern und können den Neustart kaum mehr abwarten. Wir können uns vor Anfragen auch nicht retten. Aber damit haben wir ehrlich gesagt auch gerechnet“, sagt der Friseur Ludger Lousee.
Auch er sei für die ersten drei Wochen im März bereits ausgebucht. „Über Facebook haben mich zwischenzeitlich an einem Tag 180 Nachrichten erreicht. Das war wirklich unglaublich“, sagt der Klever. Es sei schwierig gewesen, bei all den Anfragen überhaupt noch den Überblick zu behalten. Sogar in den Abendstunden würde Ludger Lousee noch Anrufe annehmen, um auch den Menschen entgegenzukommen, die tagsüber berufstätig sind. Es sei sein Glück, dass er einen recht großen Salon habe. So darf er künftig bis zu sechs Kunden gleichzeitig empfangen.
Zudem würde weiterhin das strenge Hygienekonzept gelten, das schon vor einem halben Jahr entwickelt wurde: „Da haben wir uns vor dem zweiten Lockdown bereits große Mühe gegeben und viel Geld investiert“, sagt er. Schließlich sei das Ziel klar: Es dürfe auf keinen Fall zu einem dritten Frisuren-Lockdown kommen.