Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Das sind die Hintergründe zu den Greensill-Millionen
Wer empfahl der Stadt Emmerich die Einlage von sechs Millionen Euro bei der Bremer Bank? Eine Zeitung aus der Schweiz hat eine Erklärung.
EMMERICH Die Emmericher CDU hat die Landrätin gebeten, sich um die Emmericher Greensill-Verluste zu kümmern. Als Dienstaufsicht solle sie und ihre Behörde den „Finanzskandal“aufklären.
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Matthias Reintjes wirft der SPD zudem eine Verharmlosung des Falls vor. SPD-Chef Mölder habe argumentiert, dass die Stadt Emmerich ja nicht alleine, sondern neben weiten 50 Kommunen betroffen und eine Sonderratssitzung nur politischer Aktionismus sei.
Matthias Reintjes: „Bei der Aussage kann man nur mit dem Kopf schütteln. Es gibt in Deutschland knapp 11.000 Kommunen. Das bedeutet also, dass 99,5 Prozent der Kommunen kein Geld bei Greensill angelegt haben.“Hier müsse die Frage erlaubt sein, warum gerade die Stadt Emmerich zu den 0,5 Prozent der geschädigten Kommunen gehöre. „Es ist Kernaufgabe des Rates, den Bürgermeister und die Verwaltung zu kontrollieren. Wer sich als gewähltes Ratsmitglied jetzt wegduckt, kann auch gleich zurücktreten“, schreibt Reintjes.
Derweil kursiert ein Film von Radio Bremen in der Emmericher Politik. In der Sendung „buten un binnen“ geht es um Greensill Bank in Bremen. Die Sendung stammt aus November 2020. Der Tenor: Vorsicht bei Geldanlagen!
Dennoch sprach Bürgermeister Peter Hinze in der vergangenen Woche davon, dass die Verwaltung die sechs Millionen Euro bei Greensill in Bremen angelegt habe, weil ein „seriöser Finanzvermittler“das empfohlen habe. Wer der Vermittler war, ist eine Frage für die Sondersitzung des Rates am 23. März.
In einem Artikel der Neuen Zürcher Zeitung wird beschrieben, wie die Empfehlungen für Greensill in der Regel zustande kamen. Die Zeitung aus der Schweiz schreibt: „Die Verbindlichkeiten der Bremer Greensill gegenüber den Kunden betrugen Ende 2019 fast 3,3 Mrd. €. Etwa ein Drittel davon erhielt das
Institut von Privatanlegern vor allem über Zinsvergleichsportale wie Weltsparen und Zinspilot, hinter denen die Startups Raisin aus Berlin und Deposit Solutions aus Hamburg stehen. Gelder kamen aber auch über allgemeine Vergleichsportale wie Check 24.“
Sollte es zutreffen, dass auch Emmerich auf diese Weise in Bremen angelegt hat, dürfte ein juristisches Verfahren programmiert sein, bei dem sich institutionelle Anleger zusammenschließen und Schadensersatz von Portal-Betreibern fordern. Oder auch von der Bankenaufsicht, die nicht rechtzeitig gewarnt hat.
Mehrere Zeitungen berichten, dass die Greensill Bank seit Monaten im Visier der Prüfer der privaten Einlagensicherung des Bankenverbandes (BDB) sowie der Finanzaufsicht gestanden haben soll. Vor allem das unglaublich hohe Wachstum soll 2020 aufgefallen sein.
Die Australier hatten im Jahr 2017 die damalige schwächelnde Bremer Nord-Finanz Bank übernommen und in Greensill Bank umbenannt. Somit verfügten sie über eine deutsche Banklizenz. Die Bilanzsumme der Bank wuchs danach von 665 Millionen Euro im Jahr 2018 auf 3,8 Milliarden Euro im Jahr 2019. Im vergangenen Jahr wiesen die Bücher 4,5 Milliarden Euro auf.