Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Gesamtschule wird fast doppelt so teuer
Ein radikal neuer Ansatz für die Joseph-Beuys-Gesamtschule schafft mehr Raum, wird aber fast doppelt so teuer. Die Planung über 39 Millionen Euro wurde jetzt im Schulausschuss der Stadt Kleve vorgestellt. Der Politik gefällt’s.
KLEVE Die neue Joseph-Beuys-Gesamtschule wird, wenn sie fertig ist, 39 Millionen Euro gekostet haben. Das ist fast doppelt soviel, wie die nach der Hausmann-Vorplanung veranschlagten rund 21 Millionen, nach der der Umbau der alten Realschule an der Hoffmannallee beschlossen und europaweit ausgeschrieben wurde. Trotz der Kosten waren aber Politik und Verwaltung vom neuen Plan der sic!-Architekten aus Köln überzeugt. Kämmerer Willibrord Haas: „Das ist es uns wert.“
Joseph-Beuys-Schulleiter Christoph Riedel jedenfalls strahlte sichtlich durch seine schwarze Corona-Schutzmaske hindurch ob der neuen Planung, die im Grunde alle alten Gebäude ersetzt und das Denkmal der ehemaligen Landwirtschaftsschule (Altbau) an der Hoffmannallee innen und außen zu einem Schatzkästchen macht. Er sei schwer zufrieden, sagte er in der Sitzungspause. Zusätzlich bekommt die Schule ein für viele Funktionen offenes, zweigeschossiges Forum als Mittelpunkt. In den Neubauten gibt’s offene Klassenräume für moderne Pädagogik, das Denkmal wird wieder freigestellt und richtig aufgehübscht, bekommt drinnen die alte Aula zurück, die an Harry-Potter erinnernd und bis unters Dach offen ist. Der angesetzte Glaskasten verschwindet und der Schaugiebel zur Stadt wird für alle sichtbar, die alten Fensterformate und Laibungen werden hervorgehoben und mit einer gut proportionierten modernen Architektur konfrontiert.
Kein Wunder, dass es auch Beifall vom Denkmalamt aus Brauweiler für den neuen Pan gab. Nach der Vorstellung durch sic!-Architekt Georg Rattay gab es vom Schulausschuss-Vorsitzenden Michael Heyrichs (CDU) großes Lob, aus Köln käme nicht nur guter Karneval, sondern auch hervorragende Architektur. Die Politik fragte nicht nach den im Vortrag von Rattay hier und dort aufscheinenden Kostensteigerungen, sondern nach pädagogischen Konzepten für die Cluster-Bildung in der Unterund Mittelstufe und Kursräumen in der Oberstufe (Julia Erkens, CDU), der Durchlässigkeit der drei unterschiedlichen Schulhöfe für alle Kinder (Wolfgang Tyssen, sachkundiger Bürger), die beide gegeben sind, wie die Planer klar machten. Marco Hendricks (OK) fragte, ob denn die übrigen alten Linden erhalten bleiben? Bleiben sie bis auf die drei, die gefällt werden müssen, versicherte Martin Richardt von dtp Landschaftsarchitekten. Richardt erklärte, dass der Landschaftsplan gutachterlich begleitet werde. Die Frage der Grünen nach der nötigen Größe der Schulhöfe konnte Richardt ebenso auskontern: Sie sind mit 4400 Quadratmetern für 1000 Schüler bei einer Empfehlung von drei bis fünf Quadratmetern pro Schüler groß genug. Auch als Petra Tekath (SPD) den Finger in die Wunde legte und nach der fehlenden Sporthalle fragte, hieß es zwar, dass die Halle nicht zum Auftrag gehöre, dass aber durch die neue Planung Platz genug da sei, eine neue Zweifachturnhalle bauen zu können.
Erst Hedwig Meyer-Wilmes (Grüne) stellte die Gretchen-Frage nach der immensen Kostensteigerung, nicht ohne zuvor den Bau mit seiner modernen Architektur, die sich vom wunderschönen Altbau absetze, als ausgesprochen gelungen zu loben. Das ging an Kämmerer Haas, der die Kostensteigerung erklärte. Man habe, wie Rattay zuvor ausführte, deutliche mehr Raum: 1500 Quadratmeter Nutzfläche zusätzlich. Der Klassentrakt aus den 1960er-Jahren zwischen dem Denkmal und dem Neubau-Kubus mit der Schulverwaltung werde abgerissen und durch ein neues, besseres Gebäude ersetzt. Man baue moderne Technik ein (beispielsweise eine Eisspeicher-Heizung, die im Winter heizt und im Sommer kühlt), was langfristig Kosten spare. Das Denkmal werde noch mit einem zweiten Fluchtweg ausgestattet. Außerdem man habe auch die Außenplanung eingerechnet, die beim Hausmann-Entwurf nicht mit drin war. In der neuen Rechnung eingeschlossen seien auch Baukostensteigerungen und eine zusätzliche Reserve von über drei Millionen Euro, so Haas. Man wolle ja nicht nochmal Geld nachschießen müssen.
Am Rande der Sitzung zeigte sich auch Bürgermeister Wolfgang Gebing (CDU) begeistert: „Ich finde die Planung toll“, sagte er. Sie sei mit den Schulen abgestimmt, hebe das Denkmal heraus und schaffe mit den nah beieinanderstehenden Gebäuden Gemeinschaft und gewinne auch noch Raum für eine mögliche Sporthalle.