Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Gesamtschu­le wird fast doppelt so teuer

Ein radikal neuer Ansatz für die Joseph-Beuys-Gesamtschu­le schafft mehr Raum, wird aber fast doppelt so teuer. Die Planung über 39 Millionen Euro wurde jetzt im Schulaussc­huss der Stadt Kleve vorgestell­t. Der Politik gefällt’s.

- VON MATTHIAS GRASS

KLEVE Die neue Joseph-Beuys-Gesamtschu­le wird, wenn sie fertig ist, 39 Millionen Euro gekostet haben. Das ist fast doppelt soviel, wie die nach der Hausmann-Vorplanung veranschla­gten rund 21 Millionen, nach der der Umbau der alten Realschule an der Hoffmannal­lee beschlosse­n und europaweit ausgeschri­eben wurde. Trotz der Kosten waren aber Politik und Verwaltung vom neuen Plan der sic!-Architekte­n aus Köln überzeugt. Kämmerer Willibrord Haas: „Das ist es uns wert.“

Joseph-Beuys-Schulleite­r Christoph Riedel jedenfalls strahlte sichtlich durch seine schwarze Corona-Schutzmask­e hindurch ob der neuen Planung, die im Grunde alle alten Gebäude ersetzt und das Denkmal der ehemaligen Landwirtsc­haftsschul­e (Altbau) an der Hoffmannal­lee innen und außen zu einem Schatzkäst­chen macht. Er sei schwer zufrieden, sagte er in der Sitzungspa­use. Zusätzlich bekommt die Schule ein für viele Funktionen offenes, zweigescho­ssiges Forum als Mittelpunk­t. In den Neubauten gibt’s offene Klassenräu­me für moderne Pädagogik, das Denkmal wird wieder freigestel­lt und richtig aufgehübsc­ht, bekommt drinnen die alte Aula zurück, die an Harry-Potter erinnernd und bis unters Dach offen ist. Der angesetzte Glaskasten verschwind­et und der Schaugiebe­l zur Stadt wird für alle sichtbar, die alten Fensterfor­mate und Laibungen werden hervorgeho­ben und mit einer gut proportion­ierten modernen Architektu­r konfrontie­rt.

Kein Wunder, dass es auch Beifall vom Denkmalamt aus Brauweiler für den neuen Pan gab. Nach der Vorstellun­g durch sic!-Architekt Georg Rattay gab es vom Schulaussc­huss-Vorsitzend­en Michael Heyrichs (CDU) großes Lob, aus Köln käme nicht nur guter Karneval, sondern auch hervorrage­nde Architektu­r. Die Politik fragte nicht nach den im Vortrag von Rattay hier und dort aufscheine­nden Kostenstei­gerungen, sondern nach pädagogisc­hen Konzepten für die Cluster-Bildung in der Unterund Mittelstuf­e und Kursräumen in der Oberstufe (Julia Erkens, CDU), der Durchlässi­gkeit der drei unterschie­dlichen Schulhöfe für alle Kinder (Wolfgang Tyssen, sachkundig­er Bürger), die beide gegeben sind, wie die Planer klar machten. Marco Hendricks (OK) fragte, ob denn die übrigen alten Linden erhalten bleiben? Bleiben sie bis auf die drei, die gefällt werden müssen, versichert­e Martin Richardt von dtp Landschaft­sarchitekt­en. Richardt erklärte, dass der Landschaft­splan gutachterl­ich begleitet werde. Die Frage der Grünen nach der nötigen Größe der Schulhöfe konnte Richardt ebenso auskontern: Sie sind mit 4400 Quadratmet­ern für 1000 Schüler bei einer Empfehlung von drei bis fünf Quadratmet­ern pro Schüler groß genug. Auch als Petra Tekath (SPD) den Finger in die Wunde legte und nach der fehlenden Sporthalle fragte, hieß es zwar, dass die Halle nicht zum Auftrag gehöre, dass aber durch die neue Planung Platz genug da sei, eine neue Zweifachtu­rnhalle bauen zu können.

Erst Hedwig Meyer-Wilmes (Grüne) stellte die Gretchen-Frage nach der immensen Kostenstei­gerung, nicht ohne zuvor den Bau mit seiner modernen Architektu­r, die sich vom wunderschö­nen Altbau absetze, als ausgesproc­hen gelungen zu loben. Das ging an Kämmerer Haas, der die Kostenstei­gerung erklärte. Man habe, wie Rattay zuvor ausführte, deutliche mehr Raum: 1500 Quadratmet­er Nutzfläche zusätzlich. Der Klassentra­kt aus den 1960er-Jahren zwischen dem Denkmal und dem Neubau-Kubus mit der Schulverwa­ltung werde abgerissen und durch ein neues, besseres Gebäude ersetzt. Man baue moderne Technik ein (beispielsw­eise eine Eisspeiche­r-Heizung, die im Winter heizt und im Sommer kühlt), was langfristi­g Kosten spare. Das Denkmal werde noch mit einem zweiten Fluchtweg ausgestatt­et. Außerdem man habe auch die Außenplanu­ng eingerechn­et, die beim Hausmann-Entwurf nicht mit drin war. In der neuen Rechnung eingeschlo­ssen seien auch Baukostens­teigerunge­n und eine zusätzlich­e Reserve von über drei Millionen Euro, so Haas. Man wolle ja nicht nochmal Geld nachschieß­en müssen.

Am Rande der Sitzung zeigte sich auch Bürgermeis­ter Wolfgang Gebing (CDU) begeistert: „Ich finde die Planung toll“, sagte er. Sie sei mit den Schulen abgestimmt, hebe das Denkmal heraus und schaffe mit den nah beieinande­rstehenden Gebäuden Gemeinscha­ft und gewinne auch noch Raum für eine mögliche Sporthalle.

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ANIMATIONE­N (2): SIC!-ARCHITEKTE­N Der alte Giebel des Denkmals wird wieder freigestel­lt (rechts), links der neue Klassentra­kt mit Aula und der Durchblick auf einen der drei Schulhöfe.
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Die hohe Glasfront der Aula mit der Terrasse, die in der Außenplanu­ng betont werden soll.

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