Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Offene Fragen im Maskenskandal
Das moralische Urteil über Provisionen ist gefällt. Aber warum wurden sie gezahlt?
Dass Politiker Provisionen für die Vermittlung von Masken kassiert haben, ist moralisch verwerflich. Zu Recht löst es Aufregung aus. Sich in der Corona-Pandemie die Taschen vollzumachen, während andere um ihre Existenz fürchten, sollte dem Ethos jedes Politikers widersprechen. Das aber ist gar nicht der Kern des Skandals. Der geht bisher in der Berichterstattung fast unter. Zumindest in der Causa Nikolas Löbel ist die Kernfrage eigentlich: Warum wollte die Firma Bricon Technology einem Abgeordneten des Deutschen Bundestages rund 250.000 Euro zahlen für eine Leistung, die sie anscheinend gar nicht benötigte? Denn Masken waren zum Zeitpunkt der Vermittlung, im April 2020, extrem knapp, sie gingen weg wie warme Semmeln. Die Preise für Masken explodierten geradezu. „Normalerweise nimmt Bricon schon gar keine Aufträge mehr an“, schrieb Löbel an Interessenten. Käufer zu finden, war also wohl nicht das Problem für Bricon Technology. Warum dann 250.000 Euro für die Vermittlung von Kunden?
Bricon Technology ist die Firma eines chinesischen Politikers, der selbst im Volkskongress in Peking sitzt. Nikolas Löbel war Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Deutschen Bundestages. Juristisch betrachtet mögen die Zahlungen keine Bestechung sein, sondern ein Geschäft zwischen Privatleuten. Es mag auch keine Gegenleistung vereinbart worden sein als eben eine eigentlich überflüssige Vermittlungsleistung. Als Ökonom fragt man sich dennoch, ob das Unternehmen nicht doch irgendeine andere Gegenleistung erwartet haben mag.
Die Abgeordneten der CDU/CSUBundestagsfraktion haben eine Ehrenerklärung unterzeichnet, dass sie sich nicht unrechtmäßig an der Pandemie bereichert haben. Das ist gut. Mehr würde mich aber interessieren, welche Geschäfte deutsche Politikerinnen und Politiker oder ihre Unternehmen „nebenbei“mit chinesischen und anderen Unternehmen machen und welche Zahlungen sie direkt oder indirekt von diesen erhalten.