Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Weiteres CDU-Land stellt sich gegen Merkel
Die dritte Corona-Welle rollt, doch immer mehr Ministerpräsidenten stellen sich gegen die Kanzlerin.
BERLIN Trotz weiter rasch steigender Infektionszahlen stellen sich immer mehr Ministerpräsidenten der Union gegen die strenge Corona-Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Idee einer bundeseinheitlichen Regelung für Corona-Maßnahmen lehnte nun auch Schleswig-Holsteins Regierungschef Daniel Günther (CDU) ab. Merkel hatte dies ins Gespräch gebracht, sollten die Länder ihren Kurs nicht verschärfen. Der Bund habe seine Kompetenzen bereits genutzt in Form des Infektionsschutzgesetzes und des Stufenplans, sagte Günther. Auch die CDU-Ministerpräsidenten Armin Laschet (NRW ) und Tobias Hans (Saarland) hatten Merkel zuvor widersprochen.
Die Kanzlerin hatte am Sonntagabend scharf kritisiert, dass sich mehrere Länder nicht an die gemeinsamen Vereinbarungen zur „Notbremse“hielten. Diese sieht unter anderem vor, dass der Einzelhandel wieder komplett schließen muss, wenn örtlich die Inzidenzzahl über 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner binnen sieben Tagen steigt. Dies ist in vielen Landkreisen Nordrhein-Westfalens, des Saarland und in Berlin der Fall. Dennoch soll Shoppen in diesen Ländern mit einem negativen Schnelltest weiter möglich sein. Merkel selbst hatte darauf verwiesen, dass die Länder einer bundeseinheitlichen Regelung im Bundesrat zustimmen müssten.
Die Sieben-Tage-Inzidenz in Deutschland ist am Dienstag auf 135,2 gestiegen. Am Vortag hatte das Robert-Koch-Institut (RKI) 134,4 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche gemeldet. Nachdem im Lockdown die Zahl der Neuinfektionen bis Mitte Februar deutlich gefallen war, stieg die Zahl der Ansteckungen mit Beginn der dritten Welle zuletzt wieder kräftig, was Experten auch auf die weite Verbreitung ansteckenderer Varianten zurückführen. Günther wies darauf hin, dass er in einigen Kreisen wegen hoher Infektionszahlen die Notbremse gezogen habe. Flächendeckend sei dies aber nicht geboten, da es auch Gebiete mit Inzidenzen von unter 50 oder sogar unter 35 gebe. Saarlands Ministerpräsident Hans (CDU) will an dem umstrittenen Plan festhalten, Lockerungen im Land zu erlauben, dies aber mit Testpflichten zu versehen.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder stellte sich hingegen erneut hinter die Bundeskanzlerin. Er rief Bund und Länder zu einheitlichen, strikten Anti-Corona-Maßnahmen auf. Konkret forderte der CSU-Chef, dass in Hotspots dringend die vereinbarte Notbremse auch mit Ausgangsbeschränkungen gerade über Ostern gelten müsse. Söder mahnte, es sei jetzt nicht die Zeit für Streit zwischen Bund und Ländern. Bayern will noch vor Ostern mit Impfungen in Hausarztpraxen beginnen.
Auch die Amtsärzte fordern die Rückkehr in einen harten Lockdown. „Die Corona-Pandemie ist noch nicht vorüber. Ganz im Gegenteil: Wir befinden uns mitten in der dritten Welle. Die Impfungen werden diese in den kommenden Wochen noch nicht brechen können“, sagte die Chefin des Bundesverbands der Amtsärzte, Ute Teichert.