Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Ein Kreuz für Corona-Klagen in Wankum
Vor der St.-Martin-Kirche können Menschen noch bis Karfreitagabend ihre Gedanken und Sorgen wegen der Pandemie loswerden. Dieses besondere Angebot hat ein weltberühmtes Vorbild.
WANKUM Das Ganze soll eigentlich anonym ablaufen. Doch Luke Wolters und Janic Tekate machen keinen Hehl daraus, wie ihnen die Corona-Pandemie das Leben verleidet. „Ich kann kein Wakeboard in der Blauen Lagune mehr fahren“, sagt der zehnjährige Luke. „Ich kann nicht mehr so oft Opa und Oma besuchen und mit Freunden Geburtstage feiern“, erzählt der elfjährige Janic. Diese Gedanken sind sie soeben auch in Schriftform losgeworden. Am Corona-Klage-Kreuz in Wankum.
Seit Palmsonntag steht die etwa 1,70 Meter hohe Konstruktion aus Holz und Maschendraht vor der St.-Martin-Kirche. Nachdem der Pfarreirat die Aktion genehmigt hatte, baute Frank Ingendae das Kreuz mit Hilfe der Familie Tomaschek.
Das Vorbild ist weltberühmt. „Die Klagemauer in Jerusalem“, erklärt der Pastoralreferent von St. Marien Wachtendonk-Wankum-Herongen. Genau wie an der Mauer können die Menschen am Corona-Klage-Kreuz ihre Bitten und Gedanken auf Zetteln notieren und hineinstecken. Ein Blatt an der Spitze des Kreuzes gibt Anstöße. Was macht Dich traurig in der Coronazeit? Was sind Deine Ängste und Sorgen? Was vermisst Du? Das sind einige der Fragen, zu denen sich die Menschen äußern können.
„Das ist ein alter christlicher Gedanke: Ich kann mit meinem Leid zu Jesus kommen, der selber leidet“, erläutert Ingendae den Hintergrund. Noch bis Karfreitagabend kann jeder seine Klagezettel an das besondere Kreuz heften. Danach werden sie entweder verbrannt und steigen als Rauch hinauf zu Gott. Oder sie landen als Gebet in der nahen Abtei Mariendonk.
„Die Leute sind es satt“, beschreibt der Pastoralreferent die Stimmung. Auch wenn es den Menschen hier relativ gut gehe, falle gerade Älteren
das Einhalten der Corona-Regeln und die Isolation schwer. Der Verzicht auf Berührung und Spontaneität schmerze. Für Kinder und Jugendliche seien solche Beschränkungen
vorher unbekannt gewesen. „Es ist erschreckend, wie skeptisch die Jugend die Politik aus der Ferne sieht“, urteilt Ingendae. Die Erwachsenen, die Vorbilder sein sollten, seien selbst hilflos.
In der Gemeinde St. Marien Wachtendonk sind laut Ingendae die Feiern zu Gründonnerstag, Karfreitag und Ostersonntag in der Kirche nur sehr begrenzt möglich. Von der Honnenkapelle aus wird für Familien bis Ostermontag der Osterweg angeboten.
Auf ein besonderes Angebot weist Ingendae hin, mit dem die Reduzierung persönlicher Treffen zu Ostern etwas ausgeglichen werden soll. Das Caritas-Centrum Straelen und die Kirchengemeinde St. Marien Wachtendonk-Wankum-Herongen haben sich etwas einfallen lassen, um Kontakte zu ermöglichen.
„Wir bieten den Senioren Video-Telefonate an, damit ein Wiedersehen mit Familien, Freunden und Bekannten möglich ist“, beschreibt Saskia Elders vom Caritas-Centrum
Straelen die Idee. Am Ostersonntag stehen im Pfarrheim in Herongen, am Ostermontag im Caritas-Centrum Straelen Laptops bereit, mit denen Video-Telefonate durchgeführt werden können. Jeweils von 11 bis 15 Uhr bieten Pfarrgemeinde und Caritas die besondere Möglichkeit zum Wiedersehen. „So trotzen wir Kontaktbeschränkungen, Ängsten und Entfernungen und bieten eine schöne Möglichkeit, gemeinsam ein Stück Ostern zu feiern“, ergänzt Denise Fränkler, ebenfalls im Caritas-Centrum tätig.
Erforderlich ist eine kurze telefonische Anmeldung bis Gründonnerstag beim Caritasverband unter der Nummer 02834 986940. Den Fahrdienst zu den Laptops übernehmen auf Wunsch die ehrenamtlichen Helfer der Straelener Gruppe „Hand in Hand“.