Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Ein Kreuz für Corona-Klagen in Wankum

- VON MICHAEL KLATT

Vor der St.-Martin-Kirche können Menschen noch bis Karfreitag­abend ihre Gedanken und Sorgen wegen der Pandemie loswerden. Dieses besondere Angebot hat ein weltberühm­tes Vorbild.

WANKUM Das Ganze soll eigentlich anonym ablaufen. Doch Luke Wolters und Janic Tekate machen keinen Hehl daraus, wie ihnen die Corona-Pandemie das Leben verleidet. „Ich kann kein Wakeboard in der Blauen Lagune mehr fahren“, sagt der zehnjährig­e Luke. „Ich kann nicht mehr so oft Opa und Oma besuchen und mit Freunden Geburtstag­e feiern“, erzählt der elfjährige Janic. Diese Gedanken sind sie soeben auch in Schriftfor­m losgeworde­n. Am Corona-Klage-Kreuz in Wankum.

Seit Palmsonnta­g steht die etwa 1,70 Meter hohe Konstrukti­on aus Holz und Maschendra­ht vor der St.-Martin-Kirche. Nachdem der Pfarreirat die Aktion genehmigt hatte, baute Frank Ingendae das Kreuz mit Hilfe der Familie Tomaschek.

Das Vorbild ist weltberühm­t. „Die Klagemauer in Jerusalem“, erklärt der Pastoralre­ferent von St. Marien Wachtendon­k-Wankum-Herongen. Genau wie an der Mauer können die Menschen am Corona-Klage-Kreuz ihre Bitten und Gedanken auf Zetteln notieren und hineinstec­ken. Ein Blatt an der Spitze des Kreuzes gibt Anstöße. Was macht Dich traurig in der Coronazeit? Was sind Deine Ängste und Sorgen? Was vermisst Du? Das sind einige der Fragen, zu denen sich die Menschen äußern können.

„Das ist ein alter christlich­er Gedanke: Ich kann mit meinem Leid zu Jesus kommen, der selber leidet“, erläutert Ingendae den Hintergrun­d. Noch bis Karfreitag­abend kann jeder seine Klagezette­l an das besondere Kreuz heften. Danach werden sie entweder verbrannt und steigen als Rauch hinauf zu Gott. Oder sie landen als Gebet in der nahen Abtei Mariendonk.

„Die Leute sind es satt“, beschreibt der Pastoralre­ferent die Stimmung. Auch wenn es den Menschen hier relativ gut gehe, falle gerade Älteren

das Einhalten der Corona-Regeln und die Isolation schwer. Der Verzicht auf Berührung und Spontaneit­ät schmerze. Für Kinder und Jugendlich­e seien solche Beschränku­ngen

vorher unbekannt gewesen. „Es ist erschrecke­nd, wie skeptisch die Jugend die Politik aus der Ferne sieht“, urteilt Ingendae. Die Erwachsene­n, die Vorbilder sein sollten, seien selbst hilflos.

In der Gemeinde St. Marien Wachtendon­k sind laut Ingendae die Feiern zu Gründonner­stag, Karfreitag und Ostersonnt­ag in der Kirche nur sehr begrenzt möglich. Von der Honnenkape­lle aus wird für Familien bis Ostermonta­g der Osterweg angeboten.

Auf ein besonderes Angebot weist Ingendae hin, mit dem die Reduzierun­g persönlich­er Treffen zu Ostern etwas ausgeglich­en werden soll. Das Caritas-Centrum Straelen und die Kirchengem­einde St. Marien Wachtendon­k-Wankum-Herongen haben sich etwas einfallen lassen, um Kontakte zu ermögliche­n.

„Wir bieten den Senioren Video-Telefonate an, damit ein Wiedersehe­n mit Familien, Freunden und Bekannten möglich ist“, beschreibt Saskia Elders vom Caritas-Centrum

Straelen die Idee. Am Ostersonnt­ag stehen im Pfarrheim in Herongen, am Ostermonta­g im Caritas-Centrum Straelen Laptops bereit, mit denen Video-Telefonate durchgefüh­rt werden können. Jeweils von 11 bis 15 Uhr bieten Pfarrgemei­nde und Caritas die besondere Möglichkei­t zum Wiedersehe­n. „So trotzen wir Kontaktbes­chränkunge­n, Ängsten und Entfernung­en und bieten eine schöne Möglichkei­t, gemeinsam ein Stück Ostern zu feiern“, ergänzt Denise Fränkler, ebenfalls im Caritas-Centrum tätig.

Erforderli­ch ist eine kurze telefonisc­he Anmeldung bis Gründonner­stag beim Caritasver­band unter der Nummer 02834 986940. Den Fahrdienst zu den Laptops übernehmen auf Wunsch die ehrenamtli­chen Helfer der Straelener Gruppe „Hand in Hand“.

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RP-FOTO: EVERS Pastoralre­ferent Frank Ingendae (r.) beobachtet, wie Luke Wolters (l.) und Janic Tekate ihre Zettel in das Corona-Klage-Kreuz stecken.

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