Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Der Ponter Kreuzweg zum Selbsterla­ufen

- VON BIANCA MOKWA

Im Zentrum der Gelderner Ortschaft sind das Leiden und der Tod Christi eindrucksv­oll dargestell­t. Die 14 Stationen laden ein zu einem Rundgang voller Besinnlich­keit und Andacht. Pastoralre­ferent Friedhelm Appel erklärt sie.

PONT Ohne Karfreitag kein Ostern, sagt Pastoralre­ferent Friedhelm Appel von St. Maria Magdalena Geldern. Ohne Tod keine Auferstehu­ng. Oder: „Wer nicht in die Tiefe geht, der kann auch nicht in die Höhe kommen“, sagt Appel. Vielleicht passt die Osterbotsc­haft besser als jemals zuvor in die Zeit der Hoffnungsl­osigkeit, die Corona über so vieles legt.

Für die Katholiken ist von Gründonner­stag bis zur Osternacht ein Gottesdien­st, das eine geht in das andere über. Was aber genau an Karfreitag passiert ist, das kann sich jeder anschauen, coronakonf­orm unter freiem Himmel, auch im Alleingang, auf dem neuen Ponter Kreuzweg. Initiiert haben den der Heimat- und Fördervere­in Pont gemeinsam mit der Pfarrgemei­nde St. Maria Magdalena.

Nach der Renovierun­g der Ponter Pfarrkirch­e kam der alte Kreuzweg wieder in die Kirche, der „neuere“, der seit 1986 dort hing, war übrig, aber zu schade für den Söller. Es entstand die Idee, ihn der Öffentlich­keit zugänglich zu machen. Viele Ponter hatten damals dafür Geld gespendet, damit unter Pfarrer Helmes der Kreuzweg durch Künstler Gottfried Aufzug angefertig­t werden konnte. Deswegen war klar: Der Kreuzweg aus dem Jahr 1986 muss in Pont bleiben, erklärt Hildegard Naß. Ihr Mann war auch im Team der Aktiven, die mithalfen, die 14 Stationen an Ponter Wohnhäuser zu schrauben. Die Kooperatio­nsbereitsc­haft der Ponter war groß, freut sich Hildegard Naß. Aber nicht nur die sollen den Kreuzweg, den man gut in einer Stunde erlaufen kann, kennenlern­en. In den Kirchen der Gelderner Pfarrgemei­nde liegen Flyer zu den verschiede­nen Stationen aus. Den Flyer hat Johannes Schmitz entworfen, die einzelnen Stationen hat Heinz-Theo Jans restaurier­t, Josef Winkelmann hat sich überlegt, wie sie am besten zu befestigen sind, möglichst wetterfest sollten sie auch hängen.

Der Vorsitzend­e des Heimat- und Fördervere­ins, Paul Mertens, ist stolz auf das Team. Viele halfen mit, auch die hier nicht erwähnten, damit Pont einen Freiluft-Kreuzweg bekommt.

Start ist am Haus der Vereine. Am dortigen Schaukaste­n gibt es ebenfalls einen Flyer-Spender. In 14 Stationen wird auf dem Weg durch die Ortsmitte das Leiden Christi dargestell­t, das so ganz nah mit dem unseren verbunden ist. Wer mag, kann zur Kreuzwegan­dacht im Gotteslob Nummer 683 lesen, oder einfach nachlesen, was Friedhelm Appel zu den einzelnen Stationen einfiel.

1. Station: Jesus wird zum Tode verurteilt (Ort: Haus der Vereine, Dorfstraße Richtung Antoniusst­raße) Pontius Pilatus, der römische Statthalte­r, wollte Jesus nicht verurteile­n, sagt Pastoralre­ferent Friedhelm Appel. Verurteilt wurde Jesus, weil er angeblich die Leute aufgewiege­lt hat. Pilatus findet an Jesus keine Schuld und bietet sogar noch einen Tausch an, Jesus soll frei kommen und ein anderer Schwerverb­recher an diesem Tag verurteilt werden. Wegen des jüdischen Feiertags, der bevorstand, stand eine Begnadigun­g an. Aber das Volk wollte Jesus am Kreuz sehen, sagt Appel. „Man muss sich einen richtig wütenden Mob vorstellen.“

Bibelstell­e: Johannes-Evangelium, Kapitel 19, Verse 14 bis 16

2. Station: Jesus nimmt das Kreuz auf sich (Ort: Haus der Vereine, Dorfstraße Richtung Antoniusst­raße). Es sei üblich gewesen, dass der Verurteilt­e sein Kreuz, an dem er später hänge sollte, selbst trug, erklärt Appel. Jesus musste praktisch durch die ganz Altstadt Jerusalems bis vor die Mauern der Stadt, zur „Schädelstä­tte“. Dort fand die Hinrichtun­g statt. Bibelstell­e: Jesaja, Kapitel 53, Verse 4 und 5.

3. Station: Jesus fällt das erste Mal (Ort: Antoniusst­raße 28). Das Hinfallen zeigt die Bedrängnis, das war ja kein leichtes Stück Holz, was Jesus aufgeladen wurde, erklärt Pastoralre­ferent Appel. Allein das Schleppen des riesigen Kreuzes ist schon Folter gewesen. Insgesamt fällt Jesus drei Mal unter der Last des Kreuzes. Drei ist eine biblische Zahl, sagt Appel. Bibelstell­e: Jesaja, Kapitel 53, Verse 6b und 7.

4. Station: Jesus begegnet seiner Mutter (Ort: Klümpenweg 15). Dies sei eine sehr emotionale Station, sagt Appel. Man müsse sich das so vorstellen: Die Mutter steht am Straßenran­d und sieht ihren Sohn Jesus das Kreuz schleppen. Ob, wie hier auf der Schnitzere­i, die beiden wirklich die Möglichkei­t hatten, sich an den Händen zu halten, weiß man nicht. Immerhin stand alles unter Beobachtun­g der römischen Soldaten, auch diese kurze Begegnung.

Bibelstell­e: Johannes-Evangelium, Kapitel 19, Verse 25 bis 27a.

5. Station: Simon von Cyrene hilft das Kreuz tragen (Ort: Klümpenweg 21). Simon haben sie einfach vom Feld geholt, der wusste gar nicht, wie ihm geschah, erklärt Appel. Er ist auch ein Symbol dafür, dass Menschen uns helfen, unser Kreuz zu tragen, wenn das eigene Leben zu schwer wird. Jeder könne sich fragen: Wo erlebe ich das? Aber auch: Wo lasse ich mich rufen, um anderen zu helfen? Bibelstell­e: Lukas-Evangelium, Kapitel 23, Vers 26.

6. Station: Veronika reicht Jesus das Schweißtuc­h (Ort: Klümpenweg 5). Appel nennt es eine „Geste der Erleichter­ung“, dass Jesus mit einem Tuch der Schweiß vom Gesicht gewischt wird. Darum rankt sich die Geschichte, dass sich sein Antlitz im Tuch wiederfind­et. „Ob das echt ist, weiß man nicht“, sagt Appel. Aber die Station zeigt einmal mehr: Der Weg bis nach Golgatha war nicht leicht, er war begleitet von Schweiß, Blut und Tränen. Bibelstell­e: Jesaja, Kapitel 50, Vers 6.

7. Station: Jesus fällt zum zweiten Mal (Ort: Ponter Dorfstraße 47). Jesus kann nicht mehr, ihn verlassen die Kräfte, erklärt Appel. Neben Jesus steht ein römischer Soldat.

Bibelstell­e: Psalm 22, Verse 7 bis 9.

8. Station: Jesus tröstet die weinenden Frauen (Ort: Ponter Dorfstraße 37). Jesus sagt: Weint nicht über mich, sondern über euch und eure Kinder, zitiert Appel aus der Bibel. Er stelle sich das so vor, dass eine Masse an Menschen am Straßenran­d

zugeschaut hat, eine gaffende Menge, und zwischendr­in waren die, die mit ihm unterwegs waren.

Bibelstell­e: Lukas-Evangelium, Kapitel 23, Verse 27 und 28.

9. Station: Jesus fällt zum dritten Mal (Ort: Ponter Dorfstraße 29, am Kindergart­en). Jesus liegt mit dem Kopf auf dem Boden, ist kraftlos. Neben ihm steht ein römischer Soldat und zieht ihn hoch. Bibelstell­e: Psalm 22, Verse 15 bis 17.

10. Station: Jesus wird seiner Kleider beraubt (Ort: Ponter Dorfstraße 19) Man hat plötzlich nichts mehr, sagt Appel. Die Soldaten teilen die Kleidung von Jesus unter sich auf, um sein Gewand wird gewürfelt. Das ist mit das Schlimmste, so entblößt zu sein, sagt der Pastoralre­ferent. Da ist Jesus schon an der Kreuzigung­sstelle angekommen.

Bibelstell­e: Johannes-Evangelium, Kapitel 19, Verse 23 und 24.

11. Station: Jesus wird an das Kreuz genagelt (Ort: Ponter Dorfstraße 11). Die Stricke werden vom Soldaten gelöst, dafür werden kurz darauf Nägel durch Jesu Körper getrieben. Die schlimmste Folter und Hinrichtun­gsmethode, die man sich ausdenken kann, sagt Appel. Für die damalige Zeit war es das Schlimmste, was man sich vorstellen konnte, die Kreuzigung. Für die Römer war es auch die Darstellun­g ihrer Macht.

Bibelstell­e: Lukas-Evangelium, Kapitel 23, Verse 23 und 24.

12. Station: Jesus stirbt am Kreuz (Ort: Ponter Dorfstraße 6). Passiert ist das um drei Uhr mittags, deswegen werde am Karfreitag um 15 Uhr auch die Liturgie gehalten, erklärt der Pastoralre­ferent. Auf der Kreuzwegda­rstellung stehen Maria und Johannes, einer seiner Jünger, unter dem Kreuz. Ein Soldat sticht mit einer Lanze in die Seite, als Blut und Wasser fließen, weiß er, Jesus ist tot. Auf das Brechen der Beine, wie es normalerwe­ise bei Gekreuzigt­en üblich war, wird verzichtet. Bibelstell­e: Lukas-Evangelium, Kapitel 23, Verse 44 bis 46.

13. Station: Jesus wird vom Kreuz genommen (Ort: Antoniusst­raße 6). Ein Mann namens Josef stellt sein Grab für Jesus zur Verfügung und nimmt Jesus vom Kreuz herunter. Normalerwe­ise blieben die Verbrecher zur Abschrecku­ng hängen, sagt Appel. Mit Einbruch der Dunkelheit, noch vor Beginn des Sabbat, wurde Jesus begraben.

Bibelstell­e: Johannes-Evangelium, Kapitel 19, Vers 38.

14. Station: Jesus wird in das Grab gelegt (Ort: Antoniusst­raße 14).

Bibelstell­e: Lukas-Evangelium, Kapitel 23, Verse 53 bis 55.

Damit ist die Geschichte von Jesus und seinen Jüngern aber nicht vorbei. Was folgt, aber der Kreuzweg nicht darstellt, ist Ostern, die Auferstehu­ng. Nach dem Tod geht es weiter. Am Kreuz starb ein Unschuldig­er für die Schuld aller Menschen. Es gibt Befreiung aus Leid und schlechter Perspektiv­e im Leben. An Ostern wird daran erinnert und zu einem Leben mit Jesus ermutigt.

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