Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Wild durch den Wald
An den Osterfeiertagen wird es wieder voll: Der Forst zieht die Menschen an. Gerade bei großem Andrang fällt rücksichtsloses Verhalten dort auf. Revierförster Joachim Böhmer gibt Ratschläge.
KLEVE Der Wald gehörte immer schon zu den schönsten Orten – und der Reiz, sich im Grünen zu bewegen, ist seit einem Jahr noch größer geworden. Die Corona-Schutzmaßnahmen sorgen dafür, dass es im Forst enger wird. Besonders über die bevorstehenden Feiertage dürfte der Drang zurück zur Natur zunehmen.
Joachim Böhmer (55) ist seit mehr als 30 Jahren Revierförster. Die meisten davon im Reichswald. Er freut sich über jeden Besucher, der den Wald erleben will. Doch steigen mit mehr Menschen auch die Probleme. Es ist der Freiraum des Waldes, in dem kaum einer die Regeln kontrolliert und die schlechten Eigenschaften zum Vorschein kommen.
Die Mountainbike-Fahrer bereiten Böhmer aktuell die größten Sorgen. „Es werden ständig mehr. Und von denen halten sich auch immer mehr nicht an die Vorgaben. Teilweise wird kreuz und quer gefahren, ohne Rücksicht auf die anderen Waldbesucher“, sagt er. Es ist ein Konflikt in der Dauerschleife, der sich täglich wieder abspielt. Dabei ist der Förster weit davon entfernt, im Wald fahrende Mountainbiker generell zu verurteilen. Es geht ihm in erster Linie um das Rasen durch den Busch. Abseits der Wege – durch alles hindurch, was noch unberührt ist.
Dabei ist die wilde Pistenabfahrt nicht allein für die Fahrer gefährlich. Wild wird dabei aufgescheucht,
Jungpflanzen werden geschädigt. Besonders in diesen Tagen brauchen die Tiere Schutz. Derzeit ist die Setz- und Brutzeit. „Die Wildschweine haben ihre Frischlinge bekommen. Bei anderen Tieren, wie Rotoder Rehwild, sind die Muttertiere trächtig und brauchen Ruhe“, erklärt Böhmer. Das Wichtigste ist, ausschließlich auf den Wegen zu bleiben. Das Wild liegt entspannt 150 bis 200 Meter davon entfernt in den Beständen. „Die Tiere stellen sich schnell auf den Menschen ein. Sie bauen einen Sicherheitsabstand zwischen sich und den befestigten Gehwegen auf. Sie wissen genau, dass vom Menschen keine Gefahr ausgeht, wenn diese bleiben, wo sie laufen sollen“, sagt der Revierförster.
Dabei geht es in der Diskussion, wie man sich im Wald begegnet, nicht allein um herumbretternde Downhill-Fahrer. Immer wieder wird die Frage aufgeworfen: Wem gehören die Waldwege? Sollten Mountainbiker, Pedelec-Fahrer und Wanderer grundsätzlich getrennte Wege oder abgesetzte Streifen nutzen? Wie hat man sich generell im Forst zu verhalten? Unter allen Begegnungen zwischen den Gruppen seien die konfliktreichen jedoch in der Minderheit, so Böhmer, der mit einer althergebrachten – aber deshalb keinesfalls falschen – Ansicht daherkommt: „Eine gute Kinderstube
reicht in der Regel, um Auseinandersetzungen zu vermeiden. Rücksicht und rechtzeitiges Anzeigen, wenn jemand von hinten angefahren oder gelaufen kommt, hilft.“Dass im Wald der Platz auf den Wegen für die Besucher weniger wird, liegt zusätzlich an Joggern und der wachsenden Zahl der Walker.
Ein Klassiker bei Problemen im Wald ist das Thema Hunde. Laut Böhmer steigt die Zahl der Menschen stetig, die sich einen Vierbeiner zulegen. Ohne Leine dürfen sie im Wald laufen. Der Besitzer muss dafür sorgen, dass der Hund auf den befestigten Gehwegen bleibt. Bei einer Jagd durch den Bestand ist die Gefahr groß, etwa Rehwild zu verletzen. „Wenn zum Beispiel Muttertiere von Jungtieren getrennt werden, oder diese sich bei der Flucht verletzen, so ist das eine Straftat. Nach dem Tierschutzgesetz darf einem Tier ohne vernünftigen Grund kein Leid zugefügt werden.“Wenn Böhmer so einen Fall sieht, gibt es keine zwei Möglichkeiten, darauf zu reagieren: Es kommt zur Anzeige.
Was das Thema Müll betrifft, so stellt Böhmer trotz mehr Waldbesucher keinen Anstieg fest. „Müll wird hier schon immer entsorgt. Aber es hat zumindest nicht zugenommen“, sagt er. Bei manch einem dient der Wald als Endlager für den Rasenschnitt. Auch was nicht ins Restmüllgefäß passt, wird an den Rändern des Forsts verteilt. Zumeist in langlebigen Plastiksäcken. Plastik im Wald – ein Problem, das nicht von Pappe ist.