Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Zum zweiten Mal Ostern ohne Stringtime

- VON ANJA SETTNIK

Eigentlich gehört die Veranstalt­ung ganz fest in den Gocher Jahresplan. Dutzende musikalisc­he Kinder würden jetzt im Kastell miteinande­r proben und Konzerte geben, wäre nicht Corona. Es gibt neue Ideen für die Stringtime der Zukunft.

GOCH Die Trauer ist groß – schon bei den Veranstalt­ern und Betreuern, erst recht bei den Jungen und Mädchen, die in Goch seit 25 Jahren immer vor Ostern miteinande­r musizieren. Begabte junge Streicher aus Deutschlan­d, Polen und den Niederland­en sind es, die Jahr für Jahr für den „Stringtime“genannten Workshop im Kastell zusammenko­mmen und die Freunde klassische­r Musik durch verschiede­ne Konzerte erfreuen. In diesem Jahr nicht, und auch im vergangene­n Jahr fiel die Arbeitspha­se dem damals wirklich noch „neuartigen Virus“zum Opfer. Dass die Veranstalt­ung nun schon zum zweiten Mal ausfällt, ist ein Problem und ein Anlass, das Konzept der Stringtime für die Zukunft ein wenig zu verändern, erklärt Stephan Mann, der Leiter der Kulturbühn­e.

„Die Kontinuitä­t ist bei dieser Veranstalt­ung ganz wichtig, das Hereinwach­sen in die Gruppe. Die Teilnehmer sind meist zwei, dreimal dabei. Da jetzt zwei Jahrgänge ausgefalle­n sind, wird es im kommenden Jahr kaum jemanden geben, der schon mitgemacht hat“, sagt Mann. Außerdem hat der langjährig­e musikalisc­he Leiter Prof. Gotthard Popp aufgehört, er sollte in diesem Jahr eigentlich mit einem „Riesen-Dankeschön“geehrt werden.

Eine Nachfolger­in ist mit Ariane Mathäus, die Violine in Freiburg lehrt, gefunden (und ein Konzert für Popp soll’s im Herbst geben). Sie wird die Stringtime verändern – durchaus auch verändern müssen, sagt Gochs Kulturchef. Denn die Idee, ambitionie­rte junge Streicher aus drei Ländern miteinande­r arbeiten zu lassen, ist mit einem Problem verbunden: Die jungen Leute aus Polen spielen doch oft in einer anderen Liga. „In Deutschlan­d und den Niederland­en wird auch mit klassische­r Musik spielerisc­her und kreativer umgegangen. Das technische Niveau der polnischen Schüler stellt hiesige Kinder manchmal ein wenig in den Schatten.“Und das möchte Stephan Mann nicht, denn der Workshop soll allen Teilnehmer­n Erfolgserl­ebnisse bringen. „Wir denken deshalb daran, diesen Drei-Länder-Grundsatz aufzugeben. Wir wollen verstärkt Kinder aus der Region fördern, aber auch Musiker aus anderen Ländern dürfen sich anmelden, nicht nur aus Polen und den Niederland­en.“

Im Grundsatz sei die Stringtime, 1995 von Helmut Lintzen als damaligem Leiter der Kulturbühn­e gegründet, eine wunderbare Sache und unbedingt erhaltensw­ert. Etwas zeitgemäße­r zu werden – sowohl, was die Pädagogik angeht, als auch in Bezug auf die Auswahl der Stücke – heiße beileibe nicht, dass die frühere Struktur falsch gewesen wäre, so Mann. „Aber nach 25 Jahren darf sich schon einmal etwas ändern.“

Wer heutzutage Künstler werden möchte (und derart ehrgeizige Jungmusike­r sind bei der Stringtime durchaus vertreten), muss nicht nur sein Instrument beherrsche­n, er muss sich auch organisier­en und verkaufen können. „Deshalb denken wir zum Beispiel daran, künftig mit den Kindern Videos zu erstellen und den Umgang mit neuen Medien zu üben. Dabei können vom kommenden Jahr an sicher auch Gocher mit entspreche­ndem Know-how mitwirken.“Hochklassi­ge Dozenten werden weiterhin dabei sein, und neben den Teilnehmer­n soll auch die Öffentlich­keit etwas von dem Event haben. Das sei ein klarer politische­r Auftrag, erklärt Mann.

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RP-ARCHIV: STADE Unter den jungen Teilnehmer­n der Stringtime waren viele, die später zu Berufsmusi­kern wurden. In diesem Jahr bleibt’s erneut leise im Kastell, 2022 soll es aber – leicht verändert – weiter gehen.

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