Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Mit dem Rücken zur Wand
Keine Zuschauer, kein Geld mehr vom Mäzen, schwierige Sponsorensuche – der achtfache Eishockey-Meister DEG muss Topspieler abgeben. Und bald wird der Abstieg wieder eingeführt. Sorgen, die auch andere Klubs haben.
DÜSSELDORF Am Donnerstagabend war die Überraschung perfekt. Schuss, Parade, Nachschuss, Tor. Und schon war die Saison für den EHC Red Bull München beendet. Für den großen Favoriten. Eishockey-Fans lieben diese Zeit des Jahres, die Play-offs, in denen alles passieren kann.
Das Problem für die Fans im Rheinland: Die Szene spielte in Ingolstadt. Köln, Krefeld, Düsseldorf – sie alle haben die Play-offs der Deutschen Eishockey Liga (DEL) verpasst. Und hört man Harald Wirtz zu, bekommt man den Eindruck, dass das in Düsseldorf auch nächstes Jahr droht.
Wirtz, seit Oktober Geschäftsführer der Düsseldorfer EG, hat harte Monate hinter sich. Den Etat im oberen einstelligen Millionenbereich musste die DEG im Corona-Jahr „drastisch herunterfahren, auf etwas mehr als die Hälfte“, sagt Wirtz. Und nun sagt er: „Die Herausforderung wird nächstes Jahr noch größer sein.“Ob Sponsoren dabei bleiben oder man neue findet? Ob die Stadt hilft? Wie viele Fans zugelassen werden? Alles unklar. Also sagt Wirtz: „Wir werden kämpfen, um den Eishockeystandort Düsseldorf attraktiv zu halten.“
Wirtschaftliche Probleme kennt der Sport zu gut. Erst vor ein paar Jahren hat er sich stabilisiert, die DEL ließ das Image der Chaosliga hinter sich. Doch wie fragil alles ist, haben die Zuschauerverbote gezeigt, verdienen die Klubs doch einen Großteil übers Hallenpublikum. Zuschauerkrösus Kölner Haie musste gar um Spenden bitten, um spielen zu können. Dort und in Düsseldorf verzichteten die Spieler auf 60 Prozent Gehalt. Selbst München, Mannheim und Berlin konnten nur dank der Gesellschafter überleben, allein kann das keiner – erst recht nicht in der Corona-Saison.
Auch die DEG hatte gute Jahre durch Mäzene oder Großsponsoren.
Zwischen 1967 und 1996 gewann sie acht Meisterschaften, das Stadion an der Brehmstraße war ein Synonym für Spektakel – auf dem Eis wie auf den Tribünen. Heute spielt die DEG in einer modernen Halle, ist ein Mittelklasseklub, der seit dem Ausstieg von Hauptsponsor Metro 2012 genau eine Play-off-Serie gewonnen hat.
Mit der jüngeren Entwicklung sind sie dennoch zufrieden. Es geht zwar nicht um Titel, aber die DEG spielt auch mal oben mit, bringt Spieler hervor, die zu Topklubs oder ins Ausland wechseln. 2019/20 kamen im Schnitt 8642 Fans – mehr als in den letzten Brehmstraßen-Jahren. Da schien sie erstmals nicht auf ihre Mäzene angewiesen zu sein, die zuvor „mit zweistelligen Millionen-Beträgen“(Wirtz) geholfen hatten. Doch dann wurden die Play-offs abgesagt, nun blieb die Halle leer. Gesellschafter Stephan Hoberg musste noch mal aushelfen. Damit ist es nun aber vorbei, sagt Wirtz, für den das nicht überraschend kommt. Hoberg wollte den Klub nie alleine an die Spitze führen. Ein paar Jahre helfen, dann sollte er allein laufen. Aber jetzt gibt es halt die Pandemie.
Die sorgt für so viel Unsicherheit, dass „wir einige Leistungsträger nicht halten können“, sagt Wirtz. Die ersten vier Abgänge sind verkündet, weitere folgen. Er müsse gerade „viele unerfreuliche Gespräche führen“, sagt Manager Niki Mondt. Auch mit denen, die Verträge haben und bereits dieses Jahr verzichteten, wird er sprechen müssen. Für ihn steht deshalb fest: „Es kann erst mal nur um Platz zehn gehen.“Zu allem Überfluss wird zur neuen Saison der Abstieg wieder eingeführt.
Verstehen kann Mondt das alles nicht so recht. Natürlich weiß er um die Pandemie und das künftig fehlende Geld der Gesellschafter. Aber warum sind die Sponsoren in Düsseldorf so zurückhaltend? „Wir sind eine Marke, haben Geschichte,
Tradition. In der Stadt, in der wirtschaftlich alles vorhanden ist.“Auch Wirtz wünscht sich „mehr Unterstützung aus der Wirtschaft, denn Düsseldorf ist eine potente Stadt“.
Um die zu finden, hat er die Geschäftsstelle mehr auf Vertrieb ausgerichtet. „Wir sprechen die Düsseldorfer Firmen komplett an, aber wir müssen noch mehr Unternehmen für diesen tollen Sport begeistern.“Es sind dieselben Sätze, die man aus vielen Randsportarten hört, die dann gern auf den Fußball zeigen.
Aufgeben wollen sie bei der DEG natürlich nicht. Und hoffen, dass Fans zugelassen werden und sich doch noch ein paar neue Sponsoren finden. Aber auch Wirtz weiß: „Wir müssen verhindern, dass wir Letzter werden.“Und wenn es nicht klappt? „Das wäre fatal, für uns und für die Sportstadt Düsseldorf.“