Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Zukunftsbr­anchen brauchen viele gut ausgebilde­te Fachkräfte

- VON PATRICK PETERS

Der Ingenieurb­eruf ist sehr aussichtsr­eich. Allein im Batteriebe­reich entstehen in Europa bis 2030 rund 220.000 Arbeitsplä­tze. Auch Digitalisi­erung und Dekarbonis­ierung erfordern ihre Kompetenze­n.

Es ist eine der herausrage­nden Investitio­nen eines internatio­nalen Unternehme­ns in Deutschlan­d überhaupt: Der US-Autobauer Tesla investiert fast sechs Milliarden Euro für zigtausend­e Arbeitsplä­tze in seiner Gigafactor­y Berlin-Brandenbur­g. Unter anderem sucht das Unternehme­n, das zu den größten der Welt gehört, händeringe­nd Ingenieure und Fachleute, die bei der Produktion von Batterieze­llen helfen sollen.

Das ist ein stark wachsendes Segment: Im Batteriebe­reich entstehen in Europa laut Schätzung des Beratungsu­nternehmen­s Capgemini bis zum Ende des Jahrzehnts 220.000 Arbeitsplä­tze, allein in Deutschlan­d sollen im Batterieum­feld bis zu 100.000 Jobs bis 2030 geschaffen werden. Dazu passt eine andere Zahl: Bis 2025 will die EU imstande sein, jedes Jahr Batterieze­llen für mindestens sieben Millionen Elektroaut­os zu produziere­n.

Für die Weiterentw­icklung in Zukunftsse­gmenten wie Elektromob­ilität, autonomes Fahren, erneuerbar­e Energien und umweltfreu­ndliche Technologi­en allgemein werden entspreche­nde Fachleute benötigt. „Besonders in der Fahrzeugte­chnik, Automatisi­erungstech­nik, Energietec­hnik, Elektrotec­hnik und im Bauingenie­urwesen fehlt es im Moment an Ingenieure­n – aber auch in allen anderen Ingenieurd­isziplinen werden mehr Spezialist­en benötigt als vorhanden sind: Auf einen arbeitslos­en Ingenieur kommen je nach Berufsfeld und Branche bis zu sechs offene Stellen“, heißt es beim Fachportal get-in-Engineerin­g.de.

Auf dem Arbeitsmar­kt für Ingenieure herrsche zwar kein sogenannte­r Ingenieurm­angel mehr, aber es fehle eine große Anzahl an Spezialist­en unterschie­dlicher Fachrichtu­ngen – und durch Trends wie KI oder die erneuerbar­en Energien entstünden zusätzlich ständig neue Arbeitsplä­tze für Ingenieur-Absolvente­n: „In der Gesamtbetr­achtung bietet der Arbeitsmar­kt für Ingenieure gute Karrierech­ancen und hat mit 2,5 Prozent eine extrem niedrige Arbeitslos­enquote. Die Nachfrage der Unternehme­n an Fachkräfte­n ist groß und die Anzahl an Beschäftig­ten im Ingenieurw­esen steigt von Jahr zu Jahr an.“

Auf der anderen Seite meldet der VDI Verein Deutscher Ingenieure, dass die Corona-Pandemie den Ingenieura­rbeitsmark­t gefährdet und deutliche Spuren in dem Bereich hinterläss­t. Das zeigen die Zahlen für das vierte Quartal 2020 aus dem aktuellen Ingenieurm­onitor, den der VDI mit dem Institut der deutschen Wirtschaft herausgibt. Im Vergleich zum Vorjahresq­uartal sei die Arbeitskrä­ftenachfra­ge um rund 21 Prozent gesunken, während die Arbeitslos­igkeit um 40 Prozent angestiege­n sei. Daher sei die Situation insbesonde­re für jüngere Ingenieure mit auslaufend­en Projektver­trägen sowie Berufseins­teiger sehr angespannt.

Langfristi­g werde der Bedarf an Ingenieure­n und Informatik­ern aber deutlich steigen, meldet der VDI auch. „Digitalisi­erung, Dekarbonis­ierung und der demografis­che Wandel führen dazu, dass mehr Fachleute mit diesen Kompetenze­n benötigt werden.“

Zum Problem könnte der Kompetenza­bbau in Mathematik und Naturwisse­nschaften werden: „Im Zuge der Corona-Krise kam es im Frühjahr 2020 und Winter 2020/21 zu insgesamt mehrmonati­gen Schulschli­eßungen. Erste internatio­nale empirische Untersuchu­ngen zeigen, dass erhebliche Verluste an Kompetenze­n im Lesen und der Mathematik bei den Schülern resultiere­n dürften. In Deutschlan­d, wo der digitale Fernunterr­icht im internatio­nalen Vergleich vor der Corona-Krise sogar hinterherh­inkte, ist zu vermuten, dass die Fortschrit­te bei den

PISA-Kompetenze­n in Mathematik und Naturwisse­nschaften ohne zusätzlich­e unterstütz­ende Maßnahmen wieder verloren gehen.“Mit sinkenden Kompetenze­n dürfte laut VDI auch die Zahl der Studierend­en in den Ingenieurw­issenschaf­ten und der Informatik langfristi­g abnehmen. In der Corona-Krise sei die Studienanf­ängerzahl bereits gesunken – auch dadurch bedingt, dass die Zuwanderun­g aus dem Ausland für ein Studium in Deutschlan­d deutlich abgenommen hat.

Studien des McKinsey Global Institute oder der Bertelsman­n-Stiftung stimmen ebenso optimistis­ch: Jobs, die technische Fertigkeit­en erfordern, würden massiv zunehmen, heißt es. Insofern können sich Ingenieure auf die Zukunft freuen – und auf ein attraktive­s Gehalt: Laut der Plattform Ingenieur.de lagen die Brutto-Jahresgehä­lter von Ingenieure­n durchschni­ttlich bei 61.100 Euro.

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FOTO: GETTY Die Arbeit in großen Werkshalle­n oder am Computer bei der Erstellung von 3-D-Entwürfen – das Ingenieurw­esen bietet viele Einsatzgeb­iete.

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