Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Hasenpest erreicht den Kreis Viersen
Die Infektion kann für Menschen tödlich enden. Hunde können den Erreger auf den Menschen übertragen.
KREIS VIERSEN Der Kreis Viersen warnt vor der auch für Menschen gefährlichen Hasenpest: Die sogenannte Tularämie kann bei einer Infektion lebensbedrohlich sein. Wie der Kreis am Mittwoch mitteilte, seien im Raum Kempen und Viersen-Süchteln jetzt Fälle der Hasenpest bestätigt worden. Zwei Hasen wurden einer Kreissprecherin zufolge im Raum Kempen tot aufgefunden, bei ihnen wurde durch eine Labordiagnose die Infektion bestätigt.
Außerdem habe der Kreis Kenntnis von einem Fall, bei dem sich ein Mensch mit dem Erreger infiziert habe – das entsprechende Tier stamme aus dem Raum Süchteln. Wie die Kreissprecherin berichtet, habe sich der Mann bei dem Kontakt mit dem infizierten Tier angesteckt. Der Arzt des Betroffenen habe die Infektion festgestellt und dem Gesundheitsamt des Kreises gemeldet. Was mit dem infizierten Tier geschehen ist, dazu macht der Kreis keine Angaben. Der Mann sei inzwischen genesen. Die Tularämie ist eine meldepflichtige Erkrankung. Laut Robert-Koch-Institut (RKI) werden jährlich in Deutschland 20 bis 30 Fälle gemeldet. Es sei anzunehmen, dass die tatsächliche Fallzahl wesentlich höher liege. Die Hasenpest trete seit einigen Jahren sporadisch auf, immer wieder gebe es einige Fälle, berichtet auch Heiner Prießen, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Viersen. Im Regelfall erkrankten Jäger an Tularämie, weil sie häufig Kontakt zu Feldhasen hätten. Im März 2020 wurden laut Kreis zwei Fälle in Kempen-Tönisberg gemeldet, im Mai 2020 wurde ein Fall aus Süchteln bekannt. Im Jahr 2019 wurde dem Kreis kein Fall bekannt.
Bei der Tularämie handelt es sich um eine bakterielle Erkrankung, die vorwiegend bei Feldhasen und anderen Nagetieren auftritt. Der Erreger (Francisella tularensis) kann aber auch auf andere Tiere und den Menschen übertragen werden. Übertragungen von Mensch zu Mensch sind nicht bekannt. Der Erreger kann in der Umwelt, im Erdboden,
in Schlamm oder Wasser, mehrere Wochen bis Monate überleben. Menschen infizieren sich vor allem beim Kontakt mit erkrankten Tieren oder deren Ausscheidungen sowie beim Umgang mit Kadavern – insbesondere beim Enthäuten und Ausnehmen des Wildes. Der Erreger dringt beim Kontakt mit infizierten Tieren über kleinere Verletzungen in die Haut ein. Aufgrund der niedrigen Infektionsdosis reiche bereits das Einatmen von erreger-haltigem Staub beim Umgang mit Tierkörpern aus, um eine Erkrankung auszulösen, heißt es vom Kreis. Eine Infektion über unzureichend erhitzte Nahrungsmittel oder kontaminiertes Wasser sei ebenfalls möglich. Neue Studien der veterinärmedizinischen Universität Wien bekräftigten Theorien, dass auch Hunde als Zwischenwirt für die Erkrankung dienen könnten, wenn ein direkter Kontakt zu infizierten oder erkrankten Wildtieren bestand, teilte der Kreis weiter mit. Die Hunde hätten selbst keine oder kaum Symptome, könnten aber als unerwarteter Überträger des Bakteriums auf den Menschen in Frage kommen.
Laut RKI beträgt die Inkubationszeit in der Regel drei bis fünf Tage, selten seien auch Inkubationszeiten von mehreren Wochen beschrieben worden. Die Krankheit zu erkennen, ist nicht leicht: Neben grippeähnlichen Symptomen wie Fieber, Lymphknotenschwellungen, Schüttelfrost, Unwohlsein, Kopf- und Gliederschmerzen könne das klinische Bild sehr vielfältig sein, heißt es vom RKI. Eine rechtzeitige Therapie mit Antibiotika soll schweren Krankheitsverläufen, die für Menschen auch tödlich enden können, vorbeugen.
Der Kreis warnt deshalb vor einem ungeschützten Kontakt zu Wildtieren, besonders zu Feldhasen und anderen Nagetieren. Das gelte insbesondere bei offensichtlich erkrankten Tieren. Auch der ungeschützte Kontakt zu Kadavern von Wildtieren sollte vermieden werden. Es sei arttypisch, dass junge Feldhasen in Erdmulden am Rande eines Weges oder Felds hockten. Die Häsin sei meist in der Nähe, die Jungtiere seien nicht von der Mutter verlassen worden und benötigten keine Hilfe. Deshalb sollten sie auch zum eigenen Schutz nicht aufgenommen werden, warnt der Kreis. Auch Gassigänger sollten achtsam sein und Hunde anleinen: Infizierte und geschwächte Hasen seien eine leichte Beute – eine Übertragung des Erregers auf den Hund könne nicht ausgeschlossen werden.
Das RKI warnt zudem vor dem Verzehr infizierter Tiere: Das Fleisch von Hasen und Kaninchen sollte nur gut durchgegart verzehrt werden. Der Erreger hält sich auch in der Tiefkühltruhe lange: Gefrorenes kontaminiertes Fleisch bleibe monatelang infektiös, so das RKI. In Gegenden, in denen Fälle der Hasenpest aufgetreten sind, solle Oberflächen- und Brunnenwasser vor dem Trinken abgekocht werden.