Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Manche Helfer werden weggeschickt
Im Moment ist es für bestimmte Hilfsangebote in den Hochwassergebieten zu früh.
DÜSSELDORF Viele Menschen wollen nach der Flutkatastrophe helfen. Ein Landwirt und Unternehmer aus Wipperfürth etwa ist seit Tagen mit seinem Bagger bei Ahrweiler im Einsatz und schafft Schutt von den Straßen. In Videos berichtet er in den sozialen Medien von seinem Einsatz, startet Aufrufe wie: „Taschenlampen werden dringend benötigt!“Die Videos werden fast durchweg positiv kommentiert: „Wird da vor Ort noch Unterstützung benötigt? Wollte ab Freitag runterkommen und bringe auch einen Grill mit“, schreibt einer. Auch in NRW packen viele Freiwillige mit an. Manche reagieren jedoch mit Unverständnis, wenn sie vor Ort von der Polizei gestoppt und zurückgeschickt werden.
„Das hatten wir zum Beispiel in Mülheim – viele kamen nur bis zu einem gewissen Punkt, dann war alles abgesperrt“, sagt Malte-Bo Lueg, Leiter der Einsatzdienste beim Deutschen Roten Kreuz in Essen. Der 35-Jährige kann verstehen, dass viele helfen wollen, aber er sagt: „Wir befinden uns im Moment noch in der sogenannten Chaos-Phase, da muss erst mal eine Struktur geschaffen werden.“NRW habe ein Katastrophenschutz-Konzept, jede Kommune und jeder Kreis zusätzlich eigene Konzepte. Die Einsatzstäbe von Feuerwehr und technischen Einsatzleitungen werden angefordert, wenn es ein Lagebild gibt. „Nach und nach arbeiten sie dann die Lage ab“, sagt Lueg. Die Einsatzkräfte kämen aus dem ganzen Bundesgebiet. „Es ist wichtig, jetzt erst mal die Profis ranzulassen“, sagt er. „Die haben Schutzkleidung, Sicherheitsschuhe und sind geschult für solche Einsätze.“Er betont: „Es wird mit Sicherheit noch die Zeit kommen,
Malte-Bo Lueg
Leiter der Einsatzdienste beim DRK Essen
wo viele Ehrenamtliche helfen können bei den Aufräumarbeiten – dann aber ganz gezielt.“
Viele wollen mit Sachspenden helfen. „Wir haben gerade zwei 40-Tonner aus dem Münsterland angeboten bekommen voller Kleidung und Möbel, die wir derzeit einfach noch gar nicht verteilen können“, sagt Lueg. „Es ist großartig, dass die Menschen so hilfsbereit sind, aber das braucht alles eine riesige Koordinierungsarbeit.“Es sei schlicht noch zu früh dafür. „Viele sind verärgert, wenn sie weggeschickt werden, ich kann das gut verstehen.“Letztlich sei ein Schrank oder eine Spüle im Moment nicht das, was die Menschen in den betroffenen Gebieten brauchten. Lueg: „Die brauchen jetzt ein Dach über dem Kopf und später dann alles andere für einen Neuanfang.“Viele Helfer würden zudem Zufahrten versperren und so Einsatzfahrzeuge und Rettungskräfte behindern. „Die akute Gefahr ist im Moment ja noch nicht einmal gebannt, was auch für Helfer gefährlich werden kann.“Auch die Handynetze vor Ort würden zusätzlich belastet, Erreichbarkeiten seien dadurch nicht zuverlässig gegeben. Lueg rät allen, die helfen wollen, zu Geldspenden. „Die können dann gezielt eingesetzt werden für das, was benötigt wird.“
Dirk Engstenberg ist Einsatzleiter der Feuerwehr im Rhein-Sieg-Kreis. „Grundsätzlich ist es richtig und gut, dass der Solidargedanke in der Gesellschaft vorherrscht und die Menschen sich gegenseitig unterstützen wollen“, sagt der 52-Jährige. Aber die Hilfe müsse koordiniert werden, damit sie ankommen könne. Für den Rhein-Sieg-Kreis können sich Menschen über die Rufnummer 02241 136252 erkundigen, was wo gebraucht wird.
„Wir befinden uns im Moment noch in der Chaos-Phase, da muss erst mal eine Struktur geschaffen werden“