Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Auch die Kirche lebt von Akzeptanz
Drei Seelsorger – einer evangelisch, zwei andere katholisch – machen Schlagzeilen, weil sie wie Putin argumentieren. Dabei geht es nicht um Krieg und Frieden, wiewohl das friedvolle Miteinander infrage gestellt wird. Die drei Erzkonservativen aus Köln und Bremen haben den Homosexuellen den Kampf angesagt und sprechen gar von Verbrechen gegenüber Gott und der Kirche. Sie wollen zumindest moralisch verdammen, was in Russland mit Gewalt bekämpft wird: Das Ausleben der Sexualität jenseits der überlieferten Normen wird von ihnen als Sünde gebrandmarkt. Das mag mit Verweis auf die Bibel begründbar sein, verkennt aber das Grundverständnis von Liebe und Barmherzigkeit, das dem Christentum über die Zeiten Sinn und Stärke gegeben hat.
Da ist der Papst deutlich liberaler als Putin. Franziskus spricht sich gegen jede Form von Diskriminierung von Schwulen und Lesben aus. Der russische Präsident dagegen kennt keine Gnade. Bei den angeklagten Pfarrern scheint das ähnlich zu sein. Wenn jetzt im Berufungsprozess wegen Volksverhetzung der evangelische Pastor in Bremen mit einem Freispruch davonkam, dann wird das mit dem Grundrecht auf Religionsfreiheit begründet. Das mag trotz der Härte der Äußerungen rechtlich in Ordnung sein und könnte den Beklagten sogar als gutes Beispiel für den Wert von Toleranz dienen. Das Urteil fördert aber kaum die notwendige Einsicht, dass auch Religion dem Glück der Menschen dienen muss und ihre Repräsentanten mitten im Leben stehen sollten.
Wie gut, dass auch katholische Bischöfe inzwischen abgesegnet haben, was in vielen Kirchen längst üblich ist. Die Zweisamkeit homosexueller Paare wird vor Gott anerkannt. Da fallen Aussagen wie die des Bremer Pastors („Überall laufen diese Verbrecher rum vom Christopher Street Day“) aus Zeit und Rahmen. Auch konservativste Pfarrer müssen endlich akzeptieren: Vor Gott sind alle Menschen gleich.