Rheinische Post - Geldern an Kevelaer
Derix und die Jahrhundertkunst
Die Traditionswerkstatt arbeitet seit einigen Jahren mit Ólafur Elíasson zusammen. Bei der Einweihung der Fenster der Taufkirche von Caspar David Friedrich waren 1000 Gäste vor Ort. Auch aus Kevelaer.
Die Erinnerungen schwingen noch nach. Was war das für ein Aufgebot an Presse, Fernsehen und Gästen. Kein Wunder, kein Geringerer als Ólafur Elíasson war vor Ort um bei der feierlichen Einweihung der Kirchenfenster in Greifswald dabei zu sein. Mittendrin waren auch Gäste aus Kevelaer, Michael Heymann und weitere Mitarbeiter von der Glaswerkstatt Derix. Sie waren maßgeblich an der Fertigung der Fenster in Caspar David Friedrichs Taufkirche beteiligt.
Die Kirchenfenster liegen auf der Ostseite. Der Farbverlauf der bunten Gläser und die Optik erinnern an das Gemälde „Huttens Grab“von Caspar David Friedrich. Die Verbindung kommt nicht von ungefähr. Der weltbekannte Künstler Ólafur Elíasson hatte die Fenster anlässlich des 250. Geburtstags von Friedrich gestaltet, der in dieser Kirche getauft und in unmittelbarer Nähe aufgewachsen ist.
Eher am Rande, aber dennoch erwähnt wurden die Macher im Hintergrund, die Glaswerkstatt Hein Derix. Man verstehe sich als ausführende Kunsthandwerker, sagt Michael Heymann. Er war als Projektleiter und geschäftsführender Gesellschafter vom Kevelaerer Traditionsunternehmen bei der feierlichen Einweihung in Greifswald dabei. Mit sechs weiteren Mitarbeitern, die unmittelbar an dem Kunstprojekt mitgearbeitet haben. „Wir interpretieren, was da auf dem Papier liegt“, sagt Heymann schlicht. Dabei liegen viele Monate intensivster Zusammenarbeit mit dem Berliner Büro des Künstlers, dem Studio, hinter ihm. Seit einigen Jahren arbeitet die Glaswerkstatt Derix schon mit dem dänischen Künstler mit isländischen Wurzeln zusammen.
Zu einem der ersten großen gemeinsamen Werke zählt das „Wirbelwerk“, das im Lenbachhaus in München 2013 installiert wurde. Es sollten noch viele weitere Projekte folgen. Über die Jahre ist Vertrauen gewachsen, sagt Heymann. Für die Greifswalder Kirchenfenster war Ólafur Elíasson nicht selbst vor Ort in Kevelaer, sondern seine Mitarbeiterin. Michael Heymann berichtet von dem großen Team, das um den Künstler herum ist. „Ich bin aber auch immer wieder erstaunt, wie viel er im Detail weiß und eingreift“, sagt Heymann über die Arbeitsweise von Elíasson.
Etwa 25 Mal im Jahr fährt Heymann selbst nach Berlin zum Studio des Künstlers. Nicht immer hat er das Glück, ihn persönlich zu treffen. Der habe aber auch einen Terminplan, mit dem man nicht tauschen möchte, sagt Heymann verständnisvoll. Treffe er dann doch mal auf Elíasson, so sei es schön. „Er ist nicht unnahbar. Man muss einfach Rücksicht nehmen auf seine Möglichkeiten.“
Eigentlich, so Heymann, gehöre noch jemand unbedingt erwähnt: die Glashütte Lamberts. Dort werden die Glasplatten hergestellt. Bei dem Glas, das in die Kirchenfenster eingesetzt wurde, handelt es sich um mundgeblasenes Echt-AntikGlas. Antik deswegen, weil es nach einem alten Verfahren hergestellt wird. Die Verbindung farbiges Glas und Kirchenfenster, die gebe es schon lange, sagt Heymann. Das Material ist so teuer, dass es sich in der Vergangenheit ohnehin nur die Kirchen leisten konnten. Er lobt die Arbeit von Ólafur Elíasson. Mit ihm habe man einen Künstler gefunden, der es versteht, auf eine moderne Art mit Glas umzugehen und gleichzeitig mit seinem Kunstwerk eine Hommage an Caspar David Friedrich zu schreiben. „Ich finde, das hat er bravourös gelöst“, sagt Heymann. Aber Elíasson habe das in seiner Rede noch viel schöner dargestellt.
Im Lager der Glaswerkstatt Derix lagern die vielen, vielen Glasplatten mit den unterschiedlichsten Glastönen. Jeder Ton hat eine Nummer. Gelb ist nicht gleich Gelb. In den Kirchenfenstern geht der Farbverlauf von hellem Gelb mit einigen kleinen violetten Elementen in Orange und Rot über bis in das Blau des Himmels. 3383 einzelne, mundgeblasene Scheiben in 65 Farbtönen wurden eingesetzt. Jede einzelne Scheibe ist beim Kevelaerer Traditionsunternehmen in die Hand genommen worden.
Auch deswegen war das Dabeisein bei der Einweihung für die Mitarbeiter noch einmal etwas ganz Besonderes. Nicht in Arbeitskleidung, sondern in zivil haben sie den Festreden zugehört. Und auch wenn sie vorher den Blick fürs Detail hatten, habe sich an dem Tag sichtbar alles zu einem großen Ganzen zusammengefügt. Dass die handwerkliche und künstlerische Arbeit dann noch so eine besondere Würdigung erfährt, das wirkt auch noch bei den Menschen in Kevelaer nach.