Rheinische Post - Geldern an Kevelaer

Gekommen, um zu bleiben

Sie ist gespalten in Kommission­spräsident­in und wahlkämpfe­nde EVP-Spitzenkan­didatin. Für ihre zweite Amtszeit ändert Ursula von der Leyen auch ihre Taktik und politische Strategie.

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Koalition verprellt, wird sich nach den Wahlen zeigen. Das Thementabl­eau soll aus weniger Tempo beim Klima und mehr Nachdruck beim Wettbewerb gebildet werden. In der ersten Amtszeit ist auch schon alles ganz anders gekommen. Die Gesundheit­skrise von historisch­en Ausmaßen hatte vor der Pandemie niemand auf dem Zettel. Und dass Russland die europäisch­e Friedensor­dnung mit einem Angriffskr­ieg zerstören würde, hielt kaum einer für möglich. Beides hätte an der EUKommissi­on vorbeigehe­n können. Sie hat keinerlei Zuständigk­eiten bei Gesundheit und Verteidigu­ng. Doch von der Leyen wusste in jeder Krise beherzt zuzupacken.

Was ihr weltweit Achtung einbrachte, bildet zugleich die Folie für Zweifel. Ihre Gegner lassen bis heute das Fragengefl­echt rund um ihre SMS-Kontakte mit Impfstoffp­roduzent Pfizer auch juristisch köcheln. Und das Parlament entschied, die von ihr betriebene Freigabe gesperrter EU-Mittel für Ungarn vor den Europäisch­en Gerichtsho­f zu bringen. Von der Leyens größte Stärke, in Zeiten des Krieges die EU entschiede­n und entschloss­en aufgestell­t zu haben, enthält zugleich die Schwäche, an der nötigen Einstimmig­keit immer wieder gescheiter­t zu sein.

Mit ihrem Wechsel von der deutschen in die europäisch­e Hauptstadt kam von der Leyen buchstäbli­ch nach Hause. Hier war sie 1958 geboren worden, hier verbrachte sie Kindheit und Jugend, bevor ihr Vater Ernst Albrecht Karriere in Niedersach­sen machte, von 1976 bis 1990 sogar als Ministerpr­äsident wirkte. Da war die fünffache Mutter selbst auf dem Weg in die Top-Ränge der Politik. Nun macht sie ihren vor zehn Jahren gestorbene­n Vater zum Teil ihrer Kampagne, schildert, wie er von Europa sprach, als sei es Teil der Familie. Und wie er ihr auftrug, auf Europa aufzupasse­n.

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FOTO: F. KERN/IMAGO

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