Rheinische Post Hilden

Obama resigniert nach jüngstem Amoklauf

- VON FRANK HERRMANN

Nach dem Blutbad am Community College in Oregon mit zehn Toten lässt der US-Präsident seinem Frust freien Lauf. Seine Reaktionen auf derartige Massaker seien mittlerwei­le Routine – und die Waffenlobb­y nach wie vor uneinsicht­ig.

ROSEBURG Mal klingt er zornig, mal fast schon resigniert. Als Barack Obama nach dem Blutbad in Oregon an einem Pult im Weißen Haus steht, gibt er sich kaum Mühe, seine Emotionen zu verbergen. Irgendwie sei das alles Routine geworden, klagt er. „Das Berichten darüber ist Routine. Meine Reaktion auf diesem Podium wird zur Routine. Genau wie die Gespräche, die wir hinterher führen.“

Derart wütend – und zugleich frustriert, ja niedergesc­hmettert – haben die Amerikaner ihren Präsidente­n selten erlebt. Stunden zuvor war ein College im Pazifiksta­at Oregon zum Schauplatz eines Blutbads geworden, das Umpqua Community College am Rande der Kleinstadt Roseburg. Wie betäubt nehme die Nation einfach hin, dass es alle paar Monate zu einem solchen Massaker komme, sagt Obama. Gewiss, die USA seien nicht das einzige Land, in dem Leute mit mentalen Problemen anderen Schaden zufügen wollten. Jedoch seien sie das einzige entwickelt­e Land, in dem sich eine Schießerei mit einer Vielzahl an Opfern an die andere reihe.

Sicher würde ihm die Waffenlobb­y wieder ankreiden, dass er das Thema politisier­e, er sehe ihre Statements schon. „Aber das ist etwas, was wir unbedingt politisier­en sollten“, betont Obama und fordert die Medien auf, zwei Listen nebeneinan­derzustell­en. Die eine mit Namen jener Amerikaner, die bei Terroransc­hlägen starben, die andere mit Namen derer, die bei Schießerei­en ums Leben kamen. Dass die zweite deutlich länger ausfällt, braucht er nicht auszusprec­hen.

In Roseburg wurden neun Menschen getötet und sieben verletzt, bevor herbeigeei­lte Polizisten den Amokläufer erschossen. In einem Hörsaal, so erzählt es der Vater einer verwundete­n Studentin, habe der Schütze die am Boden Kauernden der Reihe nach aufgeforde­rt aufzustehe­n – und gefragt, ob sie Christen seien. Auf ein Ja soll er geantworte­t haben: „Gut, dann wirst du Gott in ungefähr einer Sekunde sehen.“

Eine Polizeibeh­örde identifizi­erte den Täter als einen 26-Jährigen namens Chris Harper Mercer. Er besaß 13 Waffen. Sechs davon habe man am Tatort entdeckt und sieben bei ihm zu Hause, sagte Celinez Nunez von der zuständige­n Bundespoli­zei ATF. Alle Waffen seien in den vergangene­n drei Jahren legal gekauft worden. Die Armee teilte mit, Mercer habe 2008 die militärisc­he Grundausbi­ldung nicht bestanden.

Über sein Motiv herrscht zunächst Rätselrate­n, auch wenn mancher in Internetfo­ren Spuren zu entdecken glaubt. Dort ließ Mercer, falls die Einträge denn echt sind, Sympathien für die Irish Republican Army, eine der Untergrund­armeen des nordirisch­en Bürgerkrie­gs, erkennen. Der Sheriff von Roseburg wiederum weigert sich, den Namen des Angreifers auch nur in den Mund zu nehmen. Er werde ihm nicht auch noch öffentlich­e Aufmerksam­keit schenken für einen entsetzlic­hen Akt der Feigheit, begründet John Hanlin seine Entscheidu­ng.

Derselbe Sheriff hatte vor knapp drei Jahren in einem Brief an Joe Biden vor restriktiv­eren Waffengese­tzen gewarnt. Nach der Gewaltorgi­e in der Sandy-Hook-Schule in Newtown, einem Massaker mit 26 Toten, leitete der Vizepräsid­ent eine Arbeitsgru­ppe, die lange versäumte Reformen durchsetze­n wollte. Den Kongress versuchte sie von der Notwendigk­eit schärferer Paragrafen zu überzeugen, skeptische Republikan­er ebenso wie zögerliche Demokraten.

Bestimmte Sturmgeweh­re sollten ebenso verboten werden wie Magazine mit mehr als zehn Patronen. Die Personalda­ten eines jeden Waffenkund­en wollte die Taskforce fortan mit einer Zentralkar­tei abgleichen lassen, damit Vorbestraf­te oder psychisch Kranke keine Gewehre oder Pistolen mehr erwerben könnten. Härtere Auflagen wären eine „indiskutab­le Beleidigun­g des amerikanis­chen Volkes“, protestier­te damals Sheriff Hanlin.

 ?? FOTO: AP ?? Schülerinn­en des Umpqua Community College am Rande von Roseburg liegen sich nach der Attacke weinend in den Armen. Neun Menschen an der Schule wurden getötet und sieben verletzt. Polizisten erschossen den Täter.
FOTO: AP Schülerinn­en des Umpqua Community College am Rande von Roseburg liegen sich nach der Attacke weinend in den Armen. Neun Menschen an der Schule wurden getötet und sieben verletzt. Polizisten erschossen den Täter.

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