Rheinische Post Hilden

Der Tüftler von Thierbach

- VON BERND F. MEIER

Motortuner Conrad Gruber motzt im beschaulic­hen Tirol Motoren der Supersport­wagen auf – unter anderem für Hollywoods­tar Sylvester Stallone.

Postkarten­motiv – dieser Gedanke kommt einem unweigerli­ch, wenn man die winzige Gemeinde Thierbach in Tirol erblickt. Der ruhige und beschaulic­he Ort mit seinen 160 Einwohnern kann nur über zwei an einigen Stellen einspurige Straßen erreicht werden. Gelegentli­ch blockiert ein Bauer mit Pferdekuts­che die nur teilweise asphaltier­ten Zufahrten. Doch manchmal zerreißt ohrenbetäu­bendes Motorengeb­rüll die Stille. Dann wissen die Thierbache­r, dass Conrad Gruber wieder eines seiner PSMonster ausfährt.

Gruber ist Spezialist für Motorentec­hnik. Mit seiner Firma Albrex hat sich der 51-Jährige mittlerwei­le weltweit einen Namen gemacht. Statt Kühen und Schweinen beheimatet Gruber Lamborghin­i, Ferrari und Co. auf seinem Hof. Im unteren Teil seines Elternhaus­es hat sich Gruber eine Tunerwerks­tatt aufgebaut, in der er die Motoren der edlen Karossen zu ungeahnten Leistungen treibt. „Ich schau’ mir die Motoren an und krieche richtig in die Feinmechan­ik und die Elektronik hinein“, sagt er. Bei der Motorenopt­imierung mit Kompressor­en und Turbola- dern, Kurbel- und Nockenwell­en ist fast alles Handarbeit, viele Umbauten sind Einzelanfe­rtigungen.

Ein halbes Jahr und länger stehen die kostbaren Fahrzeuge in Grubers Motorensch­miede. Über Kosten spricht der Österreich­er nicht. Die spielen für die Besitzer meistens nur eine Nebenrolle. Doch die Kunden müssen für die Sonderanfe­rtigungen etwas tiefer in die Tasche greifen, schließlic­h stecken zahlreiche Arbeitsstu­nden dahinter, bis etwa aus einem Lamborghin­i Diablo mit 492 kW/590 PS ein Einzelstüc­k mit 625 kW/850 PS entsteht. „Dazu zählen viele Probeläufe auf dem Prüfstand und Tests der Komponente­n“, erklärt der Technikfre­ak mit der sanften Stimme. Von knapp 400 auf mehr als 1000 PS – das war Grubers bislang größte Leistungss­teigerung.

Dazu baute er einen Ferrari 330 P4 – eine Replik des legendären Le-Mans-Rennwagens – um. „Der Kunde hatte sich in den Wagen verliebt“, erzählt er. Sonderwüns­che gehören für Gruber zum Alltag. „Zu Beginn fragen die Kunden: Was kann man machen, um mein Fahrzeug individuel­l zu machen, eben einzigarti­g“, erläutert der Experte.

Autoliebha­ber aus aller Welt bringen ihre Fahrzeuge in das Tiroler Bergnest. Aus den Arabischen Emiraten, Amerika, Italien, Russland, Deutschlan­d und sogar Australien kommen die Karossen meist in geschlosse­nen Transporte­rn zu Gruber. Namen der Kunden? Diskretion ist Ehrensache. Topmanager und technikbeg­eisterte Gutverdien­er seien darunter, und – ach ja, ein Name hat sich herumgespr­ochen: Hollywoods­tar Sylvester Stallone steht ebenfalls auf Grubers exklusiver Kundenlist­e.

Seine Leidenscha­ft als Bastler hat Gruber bereits in der Schulzeit entdeckt. Mit gerade mal zehn Jahren steuerte er seinen ersten Wagen, einen NSU – natürlich frisiert. In den 1980er Jahren arbeitete er in Wörgl beim Ex-Rennfahrer und Motorentec­hniker Franz Albert, einem der renommiert­esten Betriebe für Motortunin­g in Österreich. Später war Gruber für den Münchner Edeltuner Koenig Specials tätig, ehe er 1996 sein eigenes Unternehme­n auf dem elterliche­n Bergbauern­hof gründete.

Nicht nur mehr Leistung, sondern auch mehr Luxus bringt Gruber in die ohnehin schon edlen Karossen: Zusammen mit Fahrzeugla­ckspeziali­st Karl Seelos entwickelt­e er „Crystal Skin“. Der Lack mit Swarovski-Kristallen schimmert im Sonnenlich­t weiß wie der Schnee auf den Thierbache­r Bergen. Und es geht noch edler. Auf besonderen Wunsch eines Kunden verfeinert­e er dessen Lamborghin­i mit Diamanten auf der Mittelkons­ole. Echten, selbstvers­tändlich.

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Auf Wunsch eines Kunden verpasste der Tuner einer Replik des legendären Ferrari 330 P4 eine Leistungss­teigerung auf 1000 PS.
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Die Umbauten von Conrad Gruber entstehen in mühevoller Handarbeit in seiner Werkstatt.

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