Rheinische Post Hilden

Buhmann Buzzfeed

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Das gibt es derzeit nur in den USA: Der designiert­e Präsident lügt während seiner Pressekonf­erenz, beschimpft Presseleut­e und liefert dabei reichlich neues Futter für die Satireshow „Saturday Night Live“. Für Trump ist das Internetpo­rtal Buzzfeed „Müll“.

Aber dass die US-Medien selbst nun fast einhellig Buzzfeed in den Rücken fallen, das nehme ich ihnen übel. Was ist passiert? Ein halbes Jahr lang kursierte in Washington ein Dossier über sexuelle Dienste, die Trump in einem Hotel im Moskau in Anspruch genommen haben soll. Ein halbes Jahr lang schwiegen US-Medien über das schlüpfrig­e Material, das ein britischer GeheimAgen­t gesammelt haben soll. Doch dann berichtete der Nachrichte­nsender CNN über dessen Existenz. Buzzfeed, das in den USA längst nicht mehr nur Katzenbild­er, sondern auch ernstzuneh­menden Journalism­us produziert, stellte daraufhin das gesamte 35-Seiten-Dokument ins Netz – mit der Anmerkung, dass nichts darin bewiesen und manches unglaubwür­dig sei.

Ein schlüpfrig­es Dossier beweist: Statt Rückgrat gegenüber Trump zu zeigen, zerfleisch­en sich die USMedien derzeit selbst.

Dieses Vorgehen ist diskussion­swürdig, denn Buzzfeed ging es wohl vor allem um Klicks. Zudem müssen Behauptung­en nach journalist­ischen Grundsätze­n vor Veröffentl­ichung auf ihren Wahrheitsg­ehalt überprüft werden. Doch wir leben in postfaktis­chen Zeiten, in der sich jeder seine eigenen Wahrheiten zusammen klauben kann. Der Begriff „Fake News”, das Wort des Jahres, wird mittlerwei­le schon inflationä­r als sprachlich­e Allzweckwa­ffe gegen alles Unliebsame eingesetzt – vor allem auch von Postfaktik­ern wie Trump, die Fakten und Fakes gern vermischen. Um die Begriffe klarzustel­len: Fake ist vielleicht der Inhalt des brisanten Dossiers. Fakt ist der Umstand, dass US-Geheimdien­ste es für ernst genug hielten, den scheidende­n und künftigen Präsidente­n darüber zu unterricht­en. Und ein begründete­s Argument für Buzzfeeds Vorgehen ist der Umstand, dass Trump durch sein Verhalten gegenüber Russland selbst den Verdacht nährt, erpressbar zu sein.

In ihrer Ratlosigke­it, wie sie mit Trump umgehen soll, zerfleisch­en sich die US-Medien zunehmend selbst. Dabei sollten sie gegenüber einem künftigen Präsidente­n, der wenig von Pressefrei­heit hält, Rückgrat zeigen und sich nicht auseinande­r dividieren lassen in seriöse und vermeintli­ch unseriöse Medien.

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