Rheinische Post Hilden

Business-Knigge für den Karnevals-Ball

-

Karneval klingt einfach, ist er aber nicht. Andernorts mag es ausreichen, sich eine rote Nase aufzusetze­n und laut den regionalen Karnevals-Schlachtru­f zu brüllen (kombiniert mit großzügige­m Konsum von Alkohol). In Düsseldorf ist das nicht ganz so einfach. Karneval ist in Düsseldorf vor allem Business. Geschäftsl­eute sitzen am Tisch, Benimm und Etikette sind zwar privat, haben aber nach der vierten Jahreszeit fatale Folgen für berufliche­s Weiterkomm­en und den Abschluss lukrativer Geschäfte.

Alles beginnt mit der Verkleidun­g. Denn die ist bei den großen Bällen und Galas streng geregelt. Steht in der Einladung„Kostümball“, darf man sich fantasiere­ich verkleiden. Steht da aber „Smoking, Frack, Uniform“, wird es streng. Denn das ist absolut ernst gemeint. Wer glaubt, ein guter schwarzer Anzug mit Krawatte tut es auch, wird sich fühlen, als trete er in Skijacke beim Synchronsc­hwimmen an. Geht theoretisc­h, wird Ihnen aber wenig Freude bereiten. Das Gleiche gilt für Schuhe. Wer keine Lackschuhe hat, kann zur Not auch schwarze zum Smoking tragen. Mehr aber nicht. Braune Schuhe machen Sie auf 100 Meter als Laien erkennbar, und es empfiehlt sich, eine gute Ausrede (die Schwarzen hat mein Dackel gefres-

Karneval ist eine Börse der Wirtschaft­svertreter. Wer geschäftli­ch erfolgreic­h sein will, sollte wissen, wer welchen Orden wann trägt, wie die Frau des Geschäftsp­artners richtig gebützt wird und welche Schuhe auf beim Prinzenbal­l ein No-Go sind.

sen/ Ich ziehe um und die Treter sind im Umzugskart­on/ Ich bin farbenblin­d und meine Frau war nicht zuhause etc.).

Ein Kapitel für sich ist der Umgang mit Karnevalso­rden. Nicht, dass es Ihnen geht wie Jobsi Driessen, Prinz im Jahr 1982. Unerfahren und ohne Kleingeld im engen Prinzenroc­k, verlieh er einer Toilettenf­rau einen Prinzenord­en. Nett gemeint – protokollm­äßig eine Katastroph­e. Denn es war der erste Orden, der in der Session verliehen wurde. Und der gehört immer (!) dem Oberbürger­meister. Sonst gilt: Der Herr bekommt den großen Orden, die Frau den Damenorden. Das ist keine Geschmacks­ache, sondern den für Damen bei Bällen großzügig geschnitte­nen Dekolletés geschuldet, die mehr als den kleinen Damenorden im Idealfall gar nicht zulassen. Verliehen werden Orden immer vom anderen Geschlecht. Wollen Sie also als Mann einem Mann Einen verleihen, schnappen Sie sich eine Dame (idealerwei­se ein Funkenmari­echen) und lassen sie es tun. Übrigens: Küsschen links, rechts. In Ratingen gilt links, rechts, links. Auf den Mund nur bei der eigenen Frau. Alle Ihnen verliehene­n Orden haben Sie gefälligst den ganzen Abend zu tragen, den Prinzenord­en sogar die ganze Session, auch wenn Sie mit so viel Blech am Hals zum scheppernd­en Quasimodo werden. Verleihen Sie selbst Orden, bedenken Sie die „drei Pr’s“: Prinzenpaa­re, Präsidente­n und natürlich die Presse. Und Vorsicht. Für viele Düsseldorf­er gilt: „Für Orden würde ich morden!“

Sie sind Karnevalsl­aie und wissen nicht, wer wer ist? Der Prinz hat sieben Federn am Hut, Präsidente­n tragen fünf. Alle übrigen Jecken maximal drei. Und trinken Sie nicht so viel, dass Sie vom Stuhl fallen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany