Rheinische Post Hilden

Kinderprin­zen müssen lesen und lachen

- VON GÖKÇEN STENZEL

Was macht eigentlich eine Kinderprin­zessin? Und was ein Prinzenfüh­rer? Ein Hausbesuch bei den kleinen Tollitäten.

HILDEN Anekdoten kann Johannes Caspary jede Menge erzählen. Zum Beispiel die von dem Kinderprin­zen, der bei seiner Kürung vor lauter Lampenfieb­er weglaufen wollte – und von unsichtbar­en Händen festgehalt­en wurde. Oder die von seiner eigenen Enkelin Lisa, die 2008 Kinderprin­zessin war. Sie war furchtbar aufgeregt, doch der Opa hatte ein gutes Rezept dagegen: Du musst dir vorstellen, sagte er ihr, dass alle da unten im Publikum nackt sind und nur schwarze Socken tragen. „Es hat gewirkt“, erzählt der langjährig­e Kinderprin­zenführer der Narrenakad­emie und lacht bei der Erinnerung. „Den Trick habe ich danach noch oft angewendet.“

Caspary war sieben Jahre lang, bis zu dieser Session, Prinzenfüh­rer, und er hat den „Job“gern gemacht. Jetzt, mit 69, lässt er einen Jüngeren ran: Philipp Jüntgen ist 22 und Student. Als erfahrene Kräfte stehen ihm Marion Herbertz und Brigitte Schlösser zur Seite, wobei letztere klar sagt, dass sie nicht fürs Rampenlich­t taugt. „Ich bleibe im Hintergrun­d.“Jüntgen nicht. Er war selbst vor elf Jahren Kinderprin­z, ist in der Rolle regelrecht aufgegange­n und deswegen auch der Richtige für die amtierende­n Prinzen Carolina und Leonard. Finden alle Beteiligte­n.

Das Prinzenpaa­r und die Adjutanten sind gerade zu Hause bei Diekmanns, und alle sehen noch vollkommen zivil aus. Jeans und Pulli, normale Teenager. Das wird sich gleich ändern, denn die Vier müssen sich umziehen, sie haben noch einen Auftritt an dem Abend, bei einer Kostümpart­y. Dann kommen die weißen Strümpfe zum Einsatz, „die für die Jungen ein echter Grund sind, kein Kinderprin­z werden zu wollen“, erzählt Brigitte Schlösser. „Sie werden deswegen aufgezogen.“Das gilt für die großen Prinzen bekannterm­aßen auch . . . Apropos kleine und große: Carolina ist mit 13 Jahren die Älteste im Bunde, Adjutant Niklas (10) ist ihr Bruder. Prinz Leonard (Schulz) und Hofdame Kira (Knüppel) sind eben- falls zehn Jahre alt. Alle Hildener Kinderprin­zen waren bisher zwischen neun und 13 Jahren alt, heißt es von Schlösser. Und sie muss es wissen: Seit 1983, als ihr Sohn Adjutant war, mischt sie mit, kümmert sich um „die Zukunft des Brauchtums“, wie Caspary es nennt.

Und was muss die Zukunft des Brauchtums können, was mitbringen für die Prinzenrol­le? „Sie müssen lesen können“, sagt Jüntgen. „Und lachen und mit Helau gute Stimmung verbreiten.“Lesen? „Ja, weil sie ihre Reden nicht auswendig vortragen müssen, sondern sie ablesen dürfen.“Reden, die der Prinzenfüh­rer vorbereite­t und schreibt, übrigens. Gerade am Anfang der Session seien die kleinen Tollitäten noch aufgeregt, manches Stottern und Stolpern sei normal. „Ich habe allerdings noch kein Prinzenpaa­r erlebt, das am Ende der Session nicht selbstbewu­sst gewesen wäre“, sagt Caspary. „Die haben kein Problem mehr damit, ein Referat vorzutrage­n. Die haben vor vollen Hallen gesungen!“Singen also auch? Gerne. Tanzen ist auch nicht schlecht: Carolina und ihr Gefolge haben einen Tanz eingeübt. Das fiel nicht schwer, tanzen die Mädchen doch ohnehin bei den CCH-Flöhen. Etliche Prinzessin­nen kamen schon aus dem „Pool“der jungen Tanztruppe. Bei den Jungen ist die Besetzung des Prinzen ungleich schwerer.

Niklas’ und Carolinas Eltern haben während der Regentscha­ft ihrer Kinder übrigens nicht mehr viel zu sagen. Zu den meisten Auftritten dürfen sie zwar mitkommen – das war früher ganz anders – aber sie müssen bereit sein, ihre Kinder „abzugeben“. Cornelia und Ingo Diekmann sehen das gelassen. Mal kommen sie mit, mal nicht.

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