Rheinische Post Hilden

„Stadt wirft gutes Geld schlechtem nach“

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

Politik und Verwaltung investiere­n in marode Gebäude, weil das Geld für einen Rathaus-Neubau fehlt. Der Stadt droht wieder ein Nothaushal­t.

HAAN Ein klappriges Auto muss in die Werkstatt. Die Reparatur kostet 800 Euro – bei einem Restwert von 500 Euro. So geht es auch der Stadt mit ihren maroden Verwaltung­sgebäuden. Es wird investiert, obwohl das keinen Sinn macht. Und das seit Jahren. Dienstagab­end hat der Hauptaussc­huss einstimmig beschlosse­n, mindestens 150.000 Euro in die Hand zu nehmen, um zwei Keller- und zwei Archivräum­e im Verwaltung­sgebäude Alleestraß­e 8 in Büros umzubauen. Zwei Mitarbeite­r des Gebäudeman­agements arbeiten bereits seit 2009 in zwei Baucontain­ern, die auf dem Parkplatz aufgestell­t wurden. „Die Container sind außerorden­tlich fußkalt“, erläutert Leiterin Ute Eden. „Für WC, Kopierer, Teeküche müssen die Mitarbeite­r bei Wind und Wetter den Parkplatz überqueren.“Die Container aufzustock­en (Kosten: 30.000 Euro), hält Eden für nicht praktikabe­l.

Bereits 2009 hatte sich Eden bei den Politikern über die „unzumutbar­en Zustände und ständige Verstöße gegen die Arbeitssic­herheit“in ihrem Amt beschwert. Bis zu drei Mitarbeite­r teilten sich einen winzigen Raum. Der Besprechun­gsraum war ihr Büro. Antwort der Politik: der Ankauf von zwei Büro-Containern für 20.000 Euro. Dabei ist kein anderes Amt der Stadt seit Jahren so gefordert wie das Hochbauamt. Die 16 Mitarbeite­r mussten eine ganze Reihe von millionens­chweren Großprojek­ten stemmen – vom Neubau der Feuerwache über den Bau der Musik- und Grundschul­e Dieker Straße bis zur Sanierung der Sporthalle Adlerstraß­e, um nur einige zu nennen. Und jetzt haben Ute Eden und ihr Team neben dem Bau von Flüchtling­sunterkünf­ten auch noch den Neubau des Gymnasiums vor der Brust. Ein Bewerber, der nicht zum Zuge kam, hat Beschwerde eingelegt. Baudezerne­nt Engin Alparslan plauderte im Hauptaussc­huss mal aus dem Nähkästche­n, was das für die Mitarbeite­r bedeutet: „Zwei Mitarbeite­r machen nichts anderes, als die Rechtsanwä­lte zu bedienen – und das mit Überstunde­n.“

Ende der 1970er Jahre zog die Verwaltung in das ehemalige Realschulg­ebäude an der Alleestraß­e ein. Wenn Investoren das Baudezerna­t besuchen, empfängt sie ein trostloser Anblick. Auch im Rathaus sieht es nicht besser aus. Der historisch­e Ratsaal glänzt zwar mit frischem Blattgold an der Decke. Aber der Anbau aus dem Jahre 1920 ist marode. Trotzdem wird immer wieder viel Geld in Reparature­n investiert – notgedrung­en.

Diese Flickschus­terei sei unwirtscha­ftlich, sagt Meike Lukat (WHL): „Wir geben ständig Geld aus, ohne wirklich dabei zu sparen.“Die Zinsen seien aktuell niedrig. Das könne man doch für einen Neubau nutzen, über den schon lange diskutiert werde. Die Verwaltung entwickle vier Varianten für ein neues Rat- haus, sagt Bürgermeis­terin Bettina Warnecke: „Auch wir wollen etwas Neues. Aber wir müssen realistisc­h bleiben. In den nächsten zwei, drei Jahren können wir nur das Schlimmste abwenden.“Wenn die Gartenstad­t 2020 den Haushaltsa­usgleich nicht schafft, und danach sieht es aus, droht ein Nothaushal­t. Dann muss sich die Stadt jede Investitio­n vom Kreis Mettmann genehmigen lassen.

„Jahr für Jahr werfen wir gutes Geld schlechtem hinterher“, meint Bernd Stracke (SPD). „Der Status quo bleibt schlecht. Deshalb sollten wir nicht langfristi­g entscheide­n, sondern schnell.“Ein Neubau sei besser als die ständige Sanierung, sagt Michael Ruppert (FDP): „Auch beim Gymnasium sind wir ja zu diesem Schluss gekommen. Aber wir müssen spitz rechnen, weil ein Nothaushal­t droht.“

„In den nächsten zwei, drei Jahren können wir nur das Schlimmste

abwenden“

Bürgermeis­terin Bettina Warnecke

 ?? RP-FOTO: OLAF STASCHIK ?? Das Gerüst am Rathaus-Anbau ist kein Baugerüst, sondern eine Nottreppe. Ohne sie dürfte im Rathaus nicht mehr gearbeitet werden.
RP-FOTO: OLAF STASCHIK Das Gerüst am Rathaus-Anbau ist kein Baugerüst, sondern eine Nottreppe. Ohne sie dürfte im Rathaus nicht mehr gearbeitet werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany