MICHAEL HÜTHER NRW droht Anschluss bei Industrie 4.0 zu verpassen
Menschen, Maschinen und Unternehmen sind heute so vernetzt, wie es noch vor wenigen Jahren kaum vorstellbar war: Informationen werden in Echtzeit eingespeist, ausgewertet und abgespeichert. Die Digitalisierung ist eine Chance für Unternehmen – aber auch eine Herausforderung.
Häufig droht nicht nur die traditionelle Konkurrenz im Sinne von besseren, schnelleren oder günstigeren Mitbewerbern, auch viele digitale Angebote der sogenannten Sharing Economy sorgen für weiteren Wettbewerb: Menschen leisten neben ihrem Beruf Arbeit, ohne bezahlt zu werden, und schließen sich in frei zugänglichen Konsumentennetzwerken zusammen, etwa um Bewer- tungen, Fotos oder Videos auszutauschen. Wikipedia ist das wohl bekannteste Beispiel für ein dezentralisiertes Unternehmen, das einen bestehenden Markt – nämlich den der gebundenen Lexika – ersetzt hat.
Gleichwohl birgt die Digitalisierung große Potenziale für traditionelle Geschäftsmodelle – wenn die Unternehmen bereit sind, mit der Zeit zu gehen und mit Innovationen Daten generieren oder verwerten. Erste Beispiele hierfür sind (...) digitale Zahnbürsten, die dem Zahnarzt zeigen, ob ein Patient seine Zähne ausreichend pflegt. Kreative Ideen für das Sammeln oder Verarbeiten von Daten sind zurzeit viel wert im Silicon Valley. Denn viele Unternehmen haben einen Datenschatz ge-
Treibstoffverbrauch der Lufthansa-Gruppe
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BETRAG
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BETRAG sammelt, den es nun zu heben gilt. Schließlich geben die Millionen von Daten, die Konsumenten tagtäglich im Netz zurücklassen, Aufschluss über ihre Präferenzen.
In Deutschland ist anders als in den USA die kundenbezogene Auswertung der riesigen Datenmengen bislang weniger relevant. Denn hierzulande gibt es kaum große InternetDienstleistungsunternehmen wie Facebook oder Google. Vielmehr geht es beim Stichwort ‚Industrie 4.0‘ tatsächlich um Industrie, nämlich um den permanenten, durchautomatisierten Datenaustausch von Maschine zu Maschine unter Einschluss des Kunden – in Echtzeit.
Dafür ist ein schnelles Netz besonders wichtig. Innerhalb Europas
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Der Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft hielt bei der Naumann-Stiftung die „Rede zur Freiheit“. Auszüge aus dem Text.
steht die Bundesrepublik beim Breitbandausbau zwar gut da, liegt jedoch weit hinter den Spitzenreitern wie der Schweiz und den Niederlanden. Während in diesen Ländern praktisch jeder Haushalt an ein Breitbandnetz mit mindestens 100 Megabit pro Sekunde angeschlossen ist, haben nur etwas mehr als die Hälfte der deutschen Haushalte und Unternehmen darauf Zugriff. (...)
Deutschland kann eine Vorreiterrolle bei der industriellen Digitalisierung einnehmen – doch noch sind wir nicht so weit. Denn: Eine Befragung von Industrieunternehmen zeigt, dass sich in der Republik weniger als die Hälfte der befragten Unternehmen mit Industrie 4.0 beschäftigen. In NRW ist der Wert noch schlechter: 38 Prozent. (...) Die Zahlen zeigen, dass NRWs Unternehmer schleunigst auf den fahrenden Zug aufspringen sollten, um den Anschluss nicht zu verpassen. Mit seinem im Vergleich zu anderen Bundesländern gut ausgebauten Breitbandnetz sind die Voraussetzungen eigentlich geschaffen. Also: Die Pferde stehen praktisch an der Tränke, saufen müssen sie jetzt selbst.