Thomas – ein schwankender Mensch
Mit der Kraft von Ostern weiter durch das Jahr Der erste Sonntag nach Ostern trägt den Namen „Quasimodgeniti“= Wie die neugeborenen Kinder“. Er wird auch als „Weißer Sonntag“bezeichnet. Denn nach einer alten Tradition legten die zu Ostern Neugetauften nach einer Woche ihre weißen Taufgewänder wieder ab. Sie traten nun – gestärkt durch den Osterglauben - ein in das mündige eigene Glaubensleben als Christen. So ist auch zu verstehen, dass dieser Sonntag ein beliebter Sonntag für die Konfirmation wurde. Gleichzeitig gilt an diesem Sonntag die Aufmerksamkeit den Zweiflern und Skeptikern im Glauben, die mit der Osterbotschaft zunächst überhaupt nichts anfangen können. Die Lesungen erinnern an Thomas, der auch der Zweifler oder gar der Ungläubige genannt wird. Er hat das Ostergeschehen nicht direkt miterlebt. Er kam später hinzu und zweifelt an diesen unglaublichen Nachrichten. „Fake News“würden wir heute sagen. Und bis heute aktuell ist der Satz: „Ich glaube nur noch was ich sehe oder fühle.“Und selbst das steht oft in Frage in einer Welt von täglich produzierten Falschnachrichten.
In den letzten Jahren ist mir Thomas immer sympathischer geworden. Sein Verhalten ist vollkommen normal und natürlich. Was geschehen ist, die Auferweckung eines Toten, passt bisher in keine Erfahrung, in keine Logik und auch in kein Glaubensbekenntnis. Er ist der einzige, der dies klar ausspricht, und damit das beängstigende Schweigen seiner Mitjünger durchbricht.
Seine Zweifel werden ernst genommen. Seine Skepsis wird nicht weg erklärt. Er darf so sein, wie er ist. Gerade durch ihn geht die Ostergeschichte weiter. Gerade durch seine unbequeme Art hilft er den anderen weiter. Gott gibt nicht dem Zweifel oder gar der Verzweiflung Recht, aber dem Zweifelnden, dem Suchenden und in seinem Glauben schwankenden Menschen.
Mit den Kirchenvätern wie Augustinus, den Denkern und späteren Reformatorinnen und Reformatoren wissen wir: Zweifel und Skepsis sind keine Feinde des Glaubens, sondern Begleiter und Lotsen durch das Leben. Sie führen weiter. Sie helfen, Verkrustetes aufzubrechen. Wir brauchen auch heute Frauen und Männer die eingestellt sind wie Thomas. Die Zeit nach Ostern bedeutet, wie in der Natur, so auch im Glauben neu anzufangen und aufzubrechen. Für jeden Menschen verläuft dieser Weg anders. Ob durch Zweifel, Müdigkeit, oder Glück und Freude, für uns alle gilt nach Ostern, egal wie alt oder jung wir sind oder uns fühlen: „Wie die neugeborenen Kinder“