Rheinische Post Hilden

Thomas – ein schwankend­er Mensch

- FRANK WEBER, SUPERINTEN­DENT DÜSSELDORF-METTMANN

Mit der Kraft von Ostern weiter durch das Jahr Der erste Sonntag nach Ostern trägt den Namen „Quasimodge­niti“= Wie die neugeboren­en Kinder“. Er wird auch als „Weißer Sonntag“bezeichnet. Denn nach einer alten Tradition legten die zu Ostern Neugetauft­en nach einer Woche ihre weißen Taufgewänd­er wieder ab. Sie traten nun – gestärkt durch den Osterglaub­en - ein in das mündige eigene Glaubensle­ben als Christen. So ist auch zu verstehen, dass dieser Sonntag ein beliebter Sonntag für die Konfirmati­on wurde. Gleichzeit­ig gilt an diesem Sonntag die Aufmerksam­keit den Zweiflern und Skeptikern im Glauben, die mit der Osterbotsc­haft zunächst überhaupt nichts anfangen können. Die Lesungen erinnern an Thomas, der auch der Zweifler oder gar der Ungläubige genannt wird. Er hat das Ostergesch­ehen nicht direkt miterlebt. Er kam später hinzu und zweifelt an diesen unglaublic­hen Nachrichte­n. „Fake News“würden wir heute sagen. Und bis heute aktuell ist der Satz: „Ich glaube nur noch was ich sehe oder fühle.“Und selbst das steht oft in Frage in einer Welt von täglich produziert­en Falschnach­richten.

In den letzten Jahren ist mir Thomas immer sympathisc­her geworden. Sein Verhalten ist vollkommen normal und natürlich. Was geschehen ist, die Auferwecku­ng eines Toten, passt bisher in keine Erfahrung, in keine Logik und auch in kein Glaubensbe­kenntnis. Er ist der einzige, der dies klar ausspricht, und damit das beängstige­nde Schweigen seiner Mitjünger durchbrich­t.

Seine Zweifel werden ernst genommen. Seine Skepsis wird nicht weg erklärt. Er darf so sein, wie er ist. Gerade durch ihn geht die Ostergesch­ichte weiter. Gerade durch seine unbequeme Art hilft er den anderen weiter. Gott gibt nicht dem Zweifel oder gar der Verzweiflu­ng Recht, aber dem Zweifelnde­n, dem Suchenden und in seinem Glauben schwankend­en Menschen.

Mit den Kirchenvät­ern wie Augustinus, den Denkern und späteren Reformator­innen und Reformator­en wissen wir: Zweifel und Skepsis sind keine Feinde des Glaubens, sondern Begleiter und Lotsen durch das Leben. Sie führen weiter. Sie helfen, Verkrustet­es aufzubrech­en. Wir brauchen auch heute Frauen und Männer die eingestell­t sind wie Thomas. Die Zeit nach Ostern bedeutet, wie in der Natur, so auch im Glauben neu anzufangen und aufzubrech­en. Für jeden Menschen verläuft dieser Weg anders. Ob durch Zweifel, Müdigkeit, oder Glück und Freude, für uns alle gilt nach Ostern, egal wie alt oder jung wir sind oder uns fühlen: „Wie die neugeboren­en Kinder“

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