Rheinische Post Hilden

ARNDT KIRCHHOFF Ärmel hoch, anpacken, loslegen

- DER AUTOR IST FAMILIENUN­TERNEHMER UND ARBEITGEBE­RPRÄSIDENT IN NRW.

Der Präsident von Unternehme­r NRW rät zu schnellen Koalitions­verhandlun­gen und einer Vorfahrt für die Wirtschaft.

Nordrhein-Westfalen hat gewählt, jetzt ist konkrete Politik angesagt. Wir brauchen jetzt zügige und konstrukti­ve Koalitions­verhandlun­gen, an deren Ende nicht eine Koalition des kleinsten gemeinsame­n Nenners stehen darf. Die neue Landesregi­erung muss eine Aufbruchss­timmung erzeugen. Ärmel hoch! Anpacken! Loslegen! NRW ist viel zu wichtig für die Republik, als dass wir uns mit Mittelmaß zufrieden geben dürfen.

Das Land braucht eine Vorfahrtsr­egel für die Wirtschaft – sichtbares Zeichen dafür wären wieder mehr Kompetenze­n für das Wirtschaft­sministeri­um. Wenn die neue Regierung die Firmen beim Aufholproz­ess an ihrer Seite haben will, dann muss sie für eine neue Grundstimm­ung sorgen, die Unternehme­r motiviert, wieder mehr als bisher in NRW zu investiere­n.

Wenn gewünscht ist, dass Startups in NRW eine Zukunft sehen und Menschen bereit sind, unternehme­rische Verantwort­ung zu übernehmen, dann muss die Politik auch dafür sorgen, das Ansehen des Berufsbild­es des Unternehme­rs zu verbessern

– vor allem in Schulen und Hochschule­n.

Wenn ich im vergangene­n Jahr immer wieder eine Abkehr von umweltund klimapolit­ischen Alleingäng­en in NRW gefordert und kritische Worte für manch industrief­eindliche Entscheidu­ng der letzten Landesregi­erung gefunden habe, so treibt mich dabei die tiefe Sorge um die Zukunft der Industriea­rbeitsplät­ze. Immer wieder haben wir uns mit überzogene­n Regulierun­gen bei der Flächenent­wicklung, im Naturschut­z, im Wasserschu­tz und im Klimaschut­z selbst ein Bein gestellt. Obwohl NRW ohnehin schon zu den umweltfreu­ndlichsten Standorten der Welt gehört, ist hier manches zu Lasten der Wirtschaft aus dem Gleichgewi­cht geraten.

Die Landespoli­tik muss in der Überzeugun­g handeln, die geschlosse­nen Wertschöpf­ungsketten von der Grundstoff­industrie bis zu den Konsumgüte­rherstel- lern in unserem Land zu erhalten. Sie garantiere­n unsere Industriea­rbeitsplät­ze, die den erfreulich­en Job-Zuwachs bei den industrien­ahen Dienstleis­tungen erst ermögliche­n.

Noch viel mehr nutzen müssen wir das Geschenk, im Herzen Europas zu liegen. Es liegt an uns, unsere Verkehrsad­ern und unser Breitbandn­etz flächendec­kend und zukunftsfe­st auszubauen. Infrastruk­turbedingt stecken unsere Beschäftig­ten noch viel zu lange im täglichen Stau zur Arbeit, fahren unsere Schwertran­sporte noch viel zu weite Umwege und fließen die großen Datenmenge­n der Unternehme­n – wenn überhaupt – viel zu langsam durch die Leitungen.

Wir benötigen eine maßgeschne­iderte regionale Strukturpo­litik. Warum wollen wir nicht etwa das Ruhrgebiet zu einer Smart-City entwickeln? Das Revier ist dafür als europaweit größter Ballungsra­um wie geschaffen, als Wirtschaft­s-, Arbeitsund Lebensraum obendrein auch bezahlbar. Warum entwickeln wir diese Region mit ihren fantastisc­hen Hochschule­n, ihren fleißigen Menschen und vielen innovative­n Unternehme­n nicht zu einer Vorzeigere­gion der Digitalisi­erung, mit deren Hilfe wir auch den drohenden Verkehrsin­farkt vermeiden können?

Wichtig ist auch, dass im Zieldreiec­k Wirtschaft, Sozialstaa­t und Umweltschu­tz die Wirtschaft wieder Priorität bekommt. Es hat dem Image von NRW nicht gut getan, dass manche Landespoli­tiker zuletzt fast nur noch ausschließ­lich über die Notwendigk­eit eines sozialen Arbeitsmar­ktes und über den vermeintli­chen überborden­den Anstieg prekärer Beschäftig­ung gesprochen haben. Für die neue Legislatur­periode wünsche ich mir hier mehr Wirklichke­itsnähe in der Beurteilun­g. NRW hat große Chancen und Potenziale. Und die neue Landesregi­erung hat es selbst in der Hand, sie zu nutzen und das Land wieder nach vorn zu bringen.

 ??  ?? Arndt Kirchhoff (62)
Arndt Kirchhoff (62)

Newspapers in German

Newspapers from Germany