Kein Druck für Zverev
Als erster Deutscher seit Tommy Haas gehört der 20-Jährige zu den Top Ten der Tennis-Welt. Boris Becker sieht ihn aber nicht als Favoriten für Paris.
ROM (dpa/sid) Im Moment seines Triumphes besann sich Deutschlands neuer Tennisstar auf seine Wurzeln. Fast schon ein bisschen schüchtern posierte Alexander Zverev nach seinem Sensationssieg gegen Novak Djokovic im Finale des Masters-Turniers von Rom mit seinen Eltern Irena und Alexander für ein Erinnerungsfoto. Zuvor hatte Zverev dagegen jede Zurückhaltung abgelegt und Djokovic keine Chance gelassen (6:4, 6:3). Der Lohn: Als erster Deutscher seit Tommy Haas vor zehn Jahren gehört der 20 Jahre alte Hamburger zu den Top Ten.
Doch das soll nur der Anfang gewesen sein. Tennis-Legende Boris Becker gratulierte Zverev umgehend zu seinem ersten großen Coup und prognostizierte: „Viele weitere Titel werden folgen.“Schon bei den am Sonntag beginnenden French Open? Das glaubt Becker nicht. Er zählt Zverev trotz seines eindrucksvollen Turniersiegs nicht zu den Top-Anwärtern auf den Titel bei den French Open. „An meiner Meinung hat sich dadurch nichts geändert: Für mich sind noch immer Rafael Nadal und Novak Djokovic die Favoriten“, sagte Becker am Montag.
Hinter dem spanischen Sandplatzkönig und dem serbischen Vorjahressieger sieht Becker den gebürtigen Hamburger zumindest in einer aussichtsreichen Position für das zweite Grand-Slam-Turnier der Saison. „Er gehört zu einer Gruppe von sechs oder sieben Spielern, die näher rückt und in Paris etwas reißen kann“, meint Becker.
Der dreimalige Wimbledonsieger sieht sich ein bisschen als Mentor des 1,98 Meter großen Schlakses. Selbst eine offizielle Funktion im Team von Zverev hat Becker für die Zukunft nicht ausgeschlossen. Er erkennt sich in Deutschlands neuem Tennis-Star ein bisschen wieder. Auch Zverev ist impulsiv und lebt seine Emotionen auf dem Platz aus – wie einst Becker. „Wenn ich das nicht mehr mache, kann ich besser aufhören“, sagte Zverev. Hin und wieder steht er sich mit dieser Art selbst im Weg, wie in Madrid, als er gegen Pablo Cuevas im Viertelfinale die Partie noch aus der Hand gab.
„Schritt für Schritt“zu denken, rät Becker. Als Etappenziel sollte Zverev die zweite Woche anpeilen, die er bislang bei allen vier Majors verfehlt hat. Allerdings sei der Sieg in Rom wie ein Durchbruch gewesen. „Ich war sehr beeindruckt von der Gelassenheit, Ruhe und Konzentrationsfähigkeit in seinem vielleicht wichtigsten Match bislang“, sagte Becker über das Finale gegen Djokovic: „Es ist bekannt, dass er alles mitbringt, um in der Spitze mitzuspielen, dass er es so auf den Punkt liefert, hat mich und wohl auch Novak beeindruckt.“Mit Prognosen für Zverevs Zukunft hält sich Becker zurück: „Ich hüte mich davor zu behaupten, er wird bald die Nummer eins werden. Das sorgt für zu viel Druck, den er nicht gebrauchen kann.“