Perspektivteam gewinnt Confed-Cup
In einem Finale voller Emotionen und mit vielen Nickeligkeiten erzielt Gladbachs Stindl das 1:0 gegen Chile.
ST. PETERSBURG (sid) Joachim Löw stürmte mit einem Jubelschrei auf den Platz, die Spieler tanzten völlig losgelöst im Kreis. Die Himmelsstürmer des Fußball-Bundestrainers haben ihren märchenhaften Weg durch den Confed-Cup mit dem ersten Titelgewinn gekrönt. Im hitzigen Finale der Mini-WM hielt das erstaunlich reife deutsche Perspektivteam in einer Abwehrschlacht dem Ansturm der Chilenen stand und triumphierte durch das goldene Tor von Lars Stindl mit 1:0. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) feierte in St. Petersburg nach dem EM-Titel der U21 am Freitag in Polen seinen zweiten Turniersieg innerhalb von 48 Stunden.
„Wir haben super gefightet und diesen Sieg auch verdient. Schließlich haben wir so noch nie zusammengespielt, deshalb ist es umso höher zu bewerten“, sagte Kapitän Julian Draxler, der zum wertvollsten Spieler des Turniers gewählt wurde. „Jetzt können wir endlich, endlich in den verdienten Urlaub – und nehmen sogar noch einen Pokal mit!“Der daheimgebliebene Weltmeister Mats Hummels schrieb bei Twitter: „Wie geil ist das denn?“Mesut Özil twitterte: „Das ist wirklich wunderbar!“DFL-Präsident Reinhard Rauball gratulierte zu einem „weiteren großartigen Erfolg“.
Die WM-Generalprobe in Russland war besonders für den Bundestrainer ein Erfolg auf der ganzen Linie. Auf der Suche nach den Weltmeistern von morgen empfahlen sich Löw besonders die jeweils dreifachen Torschützen Stindl, Leon Goretzka und Timo Werner, der vor dem Siegtreffer clever seinem Gegenspieler den Ball stibitzte (20.). Werner wurde als erfolgreichster Torjäger geehrt, da er noch zwei Torvorlagen gab. Stindl wurde Zweiter, weil er weniger Minuten spielte als Goretzka. Der erneut sichere Torhüter Marc-André ter Stegen ist nun die klare Nummer zwei hinter Manuel Neuer. Es gilt, 2018 einen „Fluch“zu bannen: Noch nie ge- wann ein Confed-Cup-Sieger die folgende WM. „Es ist ja schön, Regeln zu brechen“, sagte Manager Oliver Bierhoff.
Der letzte Schritt zum 8,6 Kilogramm schweren und 40 cm hohen Goldpokal war ein knallhartes Stück Arbeit. Chile überrannte die deutsche Elf 25 Minuten lang förmlich. Doch wie im Gruppenspiel (1:1) zehn Tage zuvor befreite sich die DFB-Auswahl und holte sich den Cup im 15. Länderspiel der Saison ohne Niederlage verdient. Das hatte der Mannschaft ohne alle Superstars wohl niemand zugetraut.
Löw lobte die Chilenen vorab als „stärksten Gegner“und einen der kampfstärksten: Nicht von ungefähr twitterte der aggressive Bayern-Star Arturo Vidal vor dem Finale ein blutiges Schlachtengemälde. Der Weltranglisten-Vierte setzte auf seine Überfalltaktik. In der fünften Minute musste ter Stegen mit dem Fuß gegen Vidal retten. Chile machte Druck auf den Ballführenden. Die deutsche Abwehr wankte heftig: Der Aufbau bestand meist aus langen Schlägen ins Nichts. Nach zwölf Minuten hatten die Chilenen fünf Torschüsse abgegeben, nach einer halben Stunde hatte ter Stegen die meisten Ballkontakte aller Spieler.
Ihre erste Chance nutzten die Deutschen. Der Ex-Hamburger Marcelo Diaz träumte am Strafraum und ließ sich den Ball von Werner abluchsen, der auf Stindl querlegte. Eine Minute zuvor hatte ter Stegen noch Kopf und Kragen riskieren müssen, um das 0:1 zu verhindern. Ab der 30. Minute befreite sich die DFB-Elf. Die besten Chancen hatten Goretzka (36./45.) und Draxler (40./ 55.), für den das Turnier eine Art Anführer-Seminar war. Chile ließ nach und wurde zunehmend unfair: Gonzalo Jara hätte für einen Ellbogencheck an Werners Kinn Rot sehen können (65.) – aber Schiedsrichter Milorad Mazic zeigte nach Video-Beweis nur Gelb. „Wir haben viel gelernt. Wir haben gegen eine Mannschaft von Weltniveau verloren“, betonte Chiles Schlussmann Claudio Bravo – das schönste Kompliment für Löws Spieler.