KULTURTIPPS
Claude Debussys frühes Schlüsselwerk Entdeckungsreise ins musikalische Rokoko Leo Perutz muss man einfach wieder lesen
Klassik Robert Schumann war in jeder Faser seines Komponistenlebens ein Mann des Klaviers. Für das Piano hat er seine größten Werke geschrieben. Auch seine Sinfonien haben etwas, wie man sagt, „Klavieristisches“. Seine 4. Sinfonie d-Moll ist gleichwohl ein völlig eigenständiges Meisterwerk, geadelt von einer interessanten dramaturgischen Vernetzung, die alle vier Sätze miteinander verbindet. Dieses Werk erklingt jetzt im letzten Düsseldorfer Symphoniekonzert der Tonhallensaison. Zudem gibt es Mozarts Klavierkonzert B-Dur KV 595, das der italienische Pianist Francesco Piemontesi vorträgt. Neben diesen Spätwerken ertönt ein frühes Schlüsselwerk der Moderne: Claude Debussys wundervolles „Prélude à l’après-midi d’un faune“. Die Düsseldorfer Symphoniker werden von Alexandre Bloch dirigiert. Termine: Freitag, 7. Juli, 20 Uhr, Sonntag, 9. Juli, 11 Uhr, Montag, 10. Juli, 20 Uhr (www.tonhalle.de). w.g. Klassik Sie müssen sich nicht grämen, wenn Sie Johann Gottlieb Janitsch (1708-1763) nicht kennen. Ich kannte ihn auch nicht. Aber der Mann war nicht ganz unwichtig für die deutsche Musikgeschichte, er organisierte ab 1736 als Kammermusikus von Kronprinz Friedrich Konzerte auf Schloss Rheinsberg, an denen nicht nur der Adel, sondern auch das Bürgertum teilhaben konnte. Vor allem war er, der königliche Kontrabassist, ein vorzüglicher Komponist, der ganz dem neuen „empfindsamen Stil“verpflichtet war: weg vom mathematisch fundierten Denken des Barock, wie es ein Johann Sebastian Bach verkörpert hatte, hin zu einem galanten, emotional aufschießenden Tonfall.
Auf der neuen CD der wunderbaren Blockflötistin Dorothee Oberlinger (die völlig zu Recht „Rococo“heißt) hören wir von Janitsch ein Quartett in G-Dur, dessen Mittelsatz ganz dem delikaten Geist entspricht, den wir aus einer Zeit erwarten, in welcher Friedrich der Große herrschte. Da gibt es ein Drängen und Drücken, das der Komponist nicht sich entladen lässt, sondern in einem sogenannten Trugschluss abfängt – erst danach darf sich die Spannung lösen, wenn auch über den erneuten Umweg eines verminderten Septakkords. Literatur Er gehörte damals zu den großen Bestsellerautoren, dessen unglaubliche Geschichten auch als Fortsetzungsromane in den Tageszeitungen von Wien, Prag und Berlin erschienen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde er ein wenig vergessen, doch wird er seit ein paar Jahren immer wieder mal ans Tageslicht der Leseröffentlichkeit bugsiert: der fantastische Leo Perutz – 1882 in Prag geboren, 1938 nach Tel Aviv emigriert und 1957 in Bad Ischl gestorben. Was für ein ungeheuerlicher Erzähler ist dieser Perutz, der uns mit seinen Geschichten kunstvoll und unterhaltsam an dem zweifeln lässt, was wir naiv einfach nur die Wirklichkeit nennen. Und jetzt gibt es nach der Vorlage der Erstausgabe eine Neuauflage von „Zwischen neun und neun“– von der wahnwitzigen AlbtraumGeschichte des Studenten Stanislaus Demba. Der Roman erzählt ein groteskes, persönliches Schicksal, von dem sich auch Alfred Hitchcook inspirieren ließ. Lothar Schröder
Hier sind sie alle versammelt, auf der CD der Deutschen Harmonia Mundi: die Feinsinnigen, Melodiker, Melancholiker jener Zeit, die an der Schwelle zur Frühklassik standen. Natürlich fehlt Johann Joachim Quantz nicht, der Flötenlehrer Friedrichs des Großen, auch Georg Friedrich Händel macht seine Aufwartung, ebenso Carl Philipp Emanuel Bach. Ganz köstlich beginnt die Platte: mit der Komposition „A Ground“eines gewissen Gottfried Finger. Das ist schon fast elegisch, wie hier die Blockflöte auf einem begrenzten Bassfundament sich ihre introvertierten Linien zurechtträumt.
Neben der wie stets famosen Dorothee Oberlinger beglücken uns weitere Könner, etwa der Oboist Alfredo Bernardini oder der Bratscher Nils Mönkemeyer.
Man geht mit „Rococo“also auf Entdeckungsreise, und wir bleiben diesmal in Deutschland, wo es ja auch Orte ohne Sorge gab: wie Sanssouci. Wolfram Goertz