Rheinische Post Hilden

Verwenden statt verschwend­en

- OLE HERGARTEN IST PFARRER AN DER REFORMATIO­NSKIRCHE

ber 80 Kilogramm Lebensmitt­el werden pro Person in Deutschlan­d jährlich weggeschmi­ssen. Von den einen mehr, von anderen weniger. Die Generation, die den Krieg und die Hungerjahr­e danach erlebt hat, wirft laut Umfragen kaum Lebensmitt­el auf den Müll. Offensicht­lich hat dagegen die junge Generation ein anderes Verhältnis zum Essen. Da geht vieles in die Tonne. Wir leben in einer Wegwerfges­ellschaft und ich selber kann mich davon nicht frei machen.

Gleichzeit­ig lese ich von der Hungerkata­strophe im östlichen Afrika. Beide Nachrichte­n zusammen machen mich ratlos.

Beim Beten des Vaterunser­s stocke ich bei der Bitte „Unser tägliches Brot gib uns heute“. Ich frage mich, ob ich diesen Satz in unserer Wohlstands­gesellscha­ft noch beten kann. Die Verschwend­ung von Lebensmitt­eln ist nicht nur ein ethisches Problem. Hinzu kommt, dass Boden, Wasser und andere knappe Ressourcen verschwend­et werden. Kirchen betonen die „Bewahrung der Schöpfung“. Dazu gehört nicht nur die akute Hilfe für Menschen, die hungern, sondern im Sinne der Nachhaltig­keit auch der Blick auf den eigenen Lebensstil.

Also habe ich ein paar Tage im Eigenversu­ch nur von dem gelebt, was noch in den Schränken lag (und was der Garten hergab). Das Einkaufen habe ich mir gespart. So manch vergessene Konserve kam zum Vorschein und das Kochen wurde sehr kreativ. Solch eine Aktion hilft na- türlich nur, die eigene Verschwend­ung von Lebensmitt­eln zu reduzieren. Ebensoweni­g löse ich damit das globale Ernährungs­problem. Aber es hält mich wach und aufmerksam. Das eingespart­e Geld ist übrigens an „Brot für die Welt“überwiesen.

Martin Luther führt den Gedanken an das tägliche Brot weiter. Für ihn sind damit „Lebens-Mittel“gemeint, Dinge, die dem Leben dienen. Neben dem Essen gehören dazu auch Kleidung, Wohnung, Geld und Beziehunge­n. Ebenso wie getreue Nachbarn, Friede, Gesundheit und sogar gute Regierunge­n. Um all das bitten Christen im Vaterunser.

Meine Ratlosigke­it wird größer: Verschwend­en wir nicht auch von diesen Lebens-Mitteln viel zu viel? Ich nehme mir vor, in Zukunft noch aufmerksam­er und achtsamer mit all den Dingen, die ich zum Leben brauche, umzugehen.

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