„Mit blöden Filmen habe ich sehr gut verdient“
Er galt als schlechtester Regisseur aller Zeiten, dann warf er hin. Uwe Boll ist auch ein Jahr nach dem Ende seiner Karriere noch sehr wütend.
DÜSSELDORF 32 Mal hat Uwe Boll sich das angetan. Er gegen den Rest der Welt. Er machte einen Film, und im besten Fall wurde er ignoriert, im schlechtesten völlig verrissen. Er hat Videospiele ins Kino gebracht, einen Film über Auschwitz gemacht, Max Schmeling, Darfur, Amokläufe, noch mehr Amokläufe – doch den Ruf, der schlechteste Regisseur der Welt zu sein, wurde er nicht mehr los. Als dann auch noch die Einnahmen zurückgingen, beendete er 2016 seine Karriere als Regisseur und Produzent. In seiner Autobiografie „Ihr könnt mich mal“(240 Seiten, Kick Verlag, 18 Euro) erzählt der 52-Jährige nun, ohne sich oder andere zu schonen, die Geschichte vom Spätzünder aus Burscheid, der Deutschland verließ, um es in Amerika zu schaffen. Journalisten haben Sie den schlechtesten Regisseur der Welt genannt und den meistgehassten. Sind Sie nicht in Wahrheit der wütendste? UWE BOLL Es stimmt, dass ich mich in meinen Filmen über bestimmte Zustände in der Welt aufrege und das sehr drastisch zeige. Der zweite Grund für meine Wut ist, dass ich von Anfang an gegen den Widerstand einer korrumpierten Branche kämpfen musste, um überhaupt Filme machen zu können. Das hat mich zwei Jahrzehnte meines Lebens beschäftigt, aber auch vorangetrieben. Nach dem Motto: Jetzt erst recht! Bereits in Ihrer Jugend haben Sie wenig Anerkennung erhalten. Sie waren ein klassischer Spätzünder. BOLL Alles war immer Arbeit. Ich bin nicht von selbst kräftig geworden, dafür musste ich trainieren. Auch in der Filmbranche ist nie jemand auf mich zugekommen und hat gesagt: Lass mich dein Produzent sein. Es war ein einziger Alleingang Die Verfilmungen von Computerspielen wie „House Of The Dead“und „Alone in The Dark“haben Ihnen Ihren schlechten Ruf eingebracht. Bereuen Sie diesen Weg? BOLL Das war alternativlos, wie Frau Merkel immer sagt. Ich wollte mit diesen Filmen Kapital einsammeln, um später die Filme zu machen, die ich machen wollte. Noch ein erfolgloser Arthaus-Film und mir hätte niemand mehr Geld gegeben. Das wäre mein Ende als Regisseur gewesen. Gleich der erste, „House Of The Dead“, lief dann finanziell sehr gut. Deshalb habe ich mit solchen Filmen weitergemacht. Wäre „House Of The Dead“gefloppt, hätte ich die Sache viel früher beendet. Es war ein Trauerspiel: Je blöder meine Filme waren, desto mehr Geld habe ich damit verdient. Das muss Sie doch zum Zyniker gemacht haben. BOLL So war es auch. Sie müssen sich mal vorstellen, wie wir unsere Filme auf den Filmmärkten verkauft haben. Da kommen die Käufer im 20Minuten-Rhythmus, um sich drei Trailer anzusehen. Die meisten sind Männer zwischen 30 und 50. Da verkaufen Sie einen Film mit Action, Knallerei und einem guten Poster. Irgendwann hatten Sie genug von den Verrissen. Sie haben die Drehbücher wieder selbst geschrieben, anspruchsvollere Stoffe verfilmt. Die Anerkennung blieb nach wie vor aus. Warum? BOLL Das hatte auch mit meiner Person zu tun. Ich habe mich nie untergeordnet, war nie Teamplayer, hatte nie einen Agenten. Und wenn ein Journalist meinen Film gut fand, traute er sich nicht, das auch zu schreiben. Haben Sie eigentlich nie gedacht, nur ein mittelmäßiger Filmemacher zu sein? BOLL Von meinen 32 Filmen sind fünf bis sechs richtig gut, dann viel Durchschnittsware, weil es einfach unmöglich war, daraus Meilensteine zu machen. Sie führen nun ein Restaurant mit gehobener deutscher Küche in Vancouver – und bekommen dafür Anerkennung. Bedeutet Ihnen das was? BOLL Ich bin dort eigentlich nicht mehr nötig, weil der Laden jetzt läuft. Die guten Bewertungen sind das Resultat der Köche und des Teams. Aber ich habe nicht locker gelassen, bis wir dieses Level erreicht haben. Aber so richtig freuen können Sie sich über diesen Erfolg auch nicht. Im Buch schreiben Sie über die Lage der Welt: „Warum reagieren wir nicht? Wir gehen unter, und ich mache in Vancouver ein Restaurant auf. Was für eine Scheiße.“BOLL Stimmt. Was wir politisch erreichen müssen, ist klar: Unser Ressourcenverbrauch muss sich komplett ändern. Da erwische ich mich täglich selbst. Fahre ich Elektroauto? Nein, ich habe Kinder und Hunde, die kriege ich in keinen Elektrowagen. Den ganzen Tag haben wir mit der Frage zu kämpfen, wie wir den Untergang der Erde verhindern können – oder zumindest verzögern. Wir haben jetzt schon alle Ressourcen für 2017 verbraucht, wir wissen, dass es eine Bevölkerungsexplosion gibt und immer mehr Leute aus Afrika fliehen. Wir müssten täglich aufschreien und sagen: Haben wir sie noch alle beisammen?
Alle fragen sich doch: Wie soll es weitergehen? Wie bisher jedenfalls nicht. Wir müssen aufhören, den Regenwald abzuholzen, wir dürfen nur noch halb so viel Fleisch produzieren. Dann essen wir eben mehr Spaghetti. Wir haben die Verpflichtung, das große Ganze zu sehen, die Welt in hundert Jahren. Aber wir fühlen die Bedrohung nicht. Das ist das Schlimmste. Da würde ich gerne aktiv werden. Sind Sie auf dem Weg in die Politik? BOLL Ausschließen will ich das nicht. Aber es ist in Deutschland schwierig für Außenseiter, in die Politik zu gehen.