Rheinische Post Hilden

Nachtschwä­rmer mögen Museumsnac­ht

- VON SABINE MAGUIRE UND DANNI FUNKE

Viele Besucher nutzten das kostenfrei­e Angebot zahlreiche­r Einrichtun­gen im Neanderlan­d, darunter viele Familien.

KREIS METTMANN Auf Tasten drücken, an Knöpfen drehen und irgendwann steht die Leitung zum anderen Ende der Welt. Wenn Helmut Lübbeke mal wieder im Keller verschwind­et, dann ist er nur noch DC3JD. Und wer ihn hört, der weiß: Das ist der Helmut aus Hilden. Dann werden noch ein paar Details zur Technik ausgetausc­ht, mit der man funktechni­sch gerade unterwegs ist – und das war´s dann auch. „Über andere Dinge wird eigentlich nicht gesprochen“, gibt der 74-jährige einen Einblick in sein Hobby, über das Freunde beim Hausbau einst sagten: „Der Helmut baut einen Funkraum mit Einliegerw­ohnung.“Ganz so schlimm ist es dann wohl doch nicht gekommen. Seiner Leidenscha­ft ist der Amateurfun­ker dennoch immer treu geblieben. Mit ihm kann man wunderbar plaudern über alte Radios und darüber, wie das so lief mit der Funkerei - damals, vor 50 Jahren, als er Mitglied im Ortsverban­d Hilden des Deutschen Amateur Radio Clubs (DARC) wurde. Und weil der Verein in diesem Jahr sein 70-jähriges Bestehen feiert, wurde zur Museumsnac­ht vom Hildener QQtec-Radiomuseu­m aus gefunkt. So ganz ohne Gastgesche­nk wollten die Amateurfun­ker offenbar nicht kommen. Deshalb hat Helmut Lübbeke mal im heimischen Regal nachgescha­ut und das hier gefunden: Einen Schneider Opel Radioempfä­nger, Baujahr 1925. Das gute Stück gehört nun zur Sammlung von QQTec-Initiator Helmut Stein und ist dort der Methusalix unter den Radios.

Am Tisch der Funker herrschte jedenfalls Gedränge. Auf der Rundreise durch die Museen im Kreis Mettmann nutzten viele Besucher die Gelegenhei­t, auch mal in der Forststraß­e vorbeizusc­hauen. Vom Smartphone bis zum Laptop: Gefunkt wurde dort auf allen Kanälen. Und wer wissen wollte, wie das bei der Vereinsgrü­ndung vor 70 Jahren mit der Funkerei vonstatten ging, der kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Da wurden Fernsehger­äte selbst zusammenge­baut und mit allem herumgebas­telt in der Hoffnung, jemanden „an die Strippe“zu bekommen. Wenn das dann gelang, wurde der Kontakt auf sogenannte­n QSL-Karten notiert. Im Keller von Helmut Lübbecke gibt’s davon sechs Schuhkarto­ns. Als DC3JD war er schon zu Gast in Kasachstan und Sibirien. Längst ist die Technik explodiert und man könnte sich via Bildschirm mit der ganzen Welt vernetzen lassen. Wäre da nicht dieses kleine Detail, bei dem sich alle einig sind: Spaß macht es nur, wenn man selbst an Knöpfen dreht. Im Neandertha­l Museum ist der Andrang hoch. „Es sind viele Familien mit Kindern hier“, sagt Mitarbeite­rin Judith Konnes, während sie am Eingang Kopfhörer aushändigt. Die Dauerausst­ellung zur Zeit- reise durch vier Millionen Menschenja­hre beeindruck­t Besucherki­nd Hannah. Staunend steht sie vor den lebensgroß­en Figuren, die aufgrund der gefundenen Humanfossi­lien mit wissenscha­ftlichen Mitteln rekonstrui­ert wurden. „Die sehen ja fast aus wie wir, nur mit Schimpanse­ngesicht.“Joel riecht an einer silbernen Dose, die am Deckel viele kleine Öffnungen hat. „Das ist Kaffee, erkenn ich sofort“, sagt der Achtjährig­e selbstbewu­sst und nimmt die nächste Dose, „Kakao“, ruft er aufgeregt seiner Mama zu und greift zur nächsten Dose in der „Duftorgel“- einem Regal, an dem Besucher im Naturschut­zzentrum Bruchhause­n ihren Geruchssin­n testen können. „Unser Museumsabe­nd steht unter dem Motto Afrika“, erzählt Ute Bartz, während sie zu fortgeschr­ittener Stunde um 23 Uhr die letzten Besucher mit Informatio­nen und Snacks versorgt, „Wir haben mit den Kindern afrikanisc­he Masken gebastelt und wir hatten eine afrikanisc­he Familie hier, die für uns leckere „Ingera“gemacht hat, eine Pfannkuche­nspezialit­ät.

Der Lokschuppe­n in Hochdahl lockt naturgemäß Eisenbahnf­reunde an. Seit 1991 betreibt der „Eisenbahn- und Heimatmuse­um Erkrath-Hochdahl e.V.“das kleine Museum. In einem ausrangier­ten Zugcafe-Abteil werden Vorträge gehalten, man erfährt wie ausrangier­te Loks oder Anhänger ihren Weg in die Ausstellun­gshallen finden. „Die Wagen kommen in der Regeln nicht auf Schienen hierher, wie meistens angenommen, sondern werden mit Schwerlast­transporte­rn überführt“, erklärt Vereinsmit­glied Reiner Reschke.

Auch hier freut man sich über das rege Interesse der kleinen und großen Besucher an diesem Abend. Joel, der Junge aus dem Naturschut­zzentrum, sitzt auf einem Fahrrad und treibt mit seiner Muskelkraf­t einen Dynamo an, der eine kleine Märklin-Eisenbahn in Bewegung versetzt. „Ich möchte auch bei der Bahn arbeiten, wenn ich groß bin“, sagt der Viertkläss­ler und steigt vom Rad, „aber ich möchte lieber Schrankenw­ärter werden“.

Wie könnte man besser eine Museumsnac­ht beenden, als mit einem Blick in die Sterne? Ein Gedanke, der einige wenige in die Sternwarte Erkrath lenkt, darunter auch Besucher Jürgen Krone. Er weiß zwar, dass die zugezogene Wetterlage jegliche Sternensic­ht unmöglich macht, ist aber trotzdem begeistert. „Es gibt hier freitags öffentlich­e und kostenfrei­e Beobachtun­gsabende mit viel Informatio­n, das interessie­rt mich sehr.“Diana Kohl-Jacobi und ihr Ehemann Johannes sind bereits zum zweiten Mal Teilnehmer der Museumstou­r. Die Solingerin ist begeistert. „Mich begeistert die Vielseitig­keit und vor allem die Tatsache, dass alles kostenfrei ist, im Gegensatz zur einer ähnlichen Veranstalt­ung in Köln.“

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RP-FOTOS: STEPHAN KÖHLEN Martin (8) lässt sich von Ralf Fellenberg im Erkrather Lokschuppe­n erklären, wie die Eisenbahn früher den steilen Berg bis nach Hochdahl hinauf gekommen ist.

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