Son verstärkt die Krise der Dortmunder
Der erhoffte Befreiungsschlag bleibt aus. Der begnadigte Stürmerstar Aubameyang bringt den Fußball-Bundesligisten zwar in Führung, doch Kane und Son sorgen für Tottenhams 2:1-Sieg. Nun bleibt nur die Hoffnung auf die Europa League.
DORTMUND So weit muss man es erst einmal bringen, dass Champions-League-Spiele als Einstimmung auf die Bundesliga dienen. Zumindest ein Teil des Dortmunder Anhangs betrachtete jedenfalls die Begegnung mit Tottenham Hotspur als Vorbereitung auf das Revierderby gegen Schalke 04. Ein Spruchband auf der Südtribüne verkündete vor dem Anpfiff, dass weder gestern noch heute von Interesse seien, auf den Samstag und das Treffen mit dem ungeliebten Nachbarn komme es an.
Vermutlich werden die Spieler von Borussia Dortmund diesen Eindruck nicht unbedingt teilen. Immerhin aber bot ihnen die Partie gegen den fürs Achtelfinale der Champions League qualifizierten Gast aus Nordlondon die Gelegenheit, die geschundene Seele ein wenig zu pflegen. Aber auch daraus wurde nichts. Die Gäste gewannen mit 2:1.
Dortmunds Trainer Peter Bosz, längst wegen der Serie von Misserfolgen in der Bundesliga stark in die Kritik geraten, ließ sein Team deutlich vorsichtiger agieren, als es ihm selbst lieb ist. Die offensiven Außen Raphael Guerreiro und Andrej Yarmolenko mussten reichlich nach hinten arbeiten. Und Tottenham wurde auch nicht um jeden Preis unter Druck gesetzt. Das führte zu einer ziemlich flauen Startphase. Der Gast sah sich nicht aufgerufen, volles Tempo zu gehen. Er beschränkte sich auf Ballkontrolle. Und dieDortmunder warteten ab. Dennoch verbuchten sie früh eine Torchance der ganz hohen Qualität. Yarmolenko hob den Ball über die Abwehrreihe in den Lauf von PierreEmerick Aubameyang, der nach seiner Sperre begnadigt worden war. Es passt zu den zurückliegenden Vorstellungen des Torjägers, dass er den Ball freistehend neben den Pfosten setzte.
Er kann es allerdings immer noch besser. Das bewies er nach einer halben Stunde. Guerreiro war mit Tempo nach innen gezogen, sein Zuspiel verlängerte Yarmolenko mit der Hacke, und Aubameyang platzierte den Ball diesmal unerreichbar für Tottenhams französischen Torwart Hugo Lloris flach zum 1:0 ins Netz – sein erster Treffer nach 507 Minuten Torflaute.
Das reichte als Auftrag an die Gäste, selbst ein wenig druckvoller aufzutreten. Namentlich das stark besetzte offensive Mittelfeld mit Christian Eriksen und Dele Alli nahm sich der Sache an. Und über die Flügelspieler Danny Rose und Serge Aurier ging es deutlich schneller nach vorn. Die BVB-Verteidiger Marcel Schmelzer und Jeremy Toljan hatten Mühe, scharfe Flanken zu verhindern. Der Ausgleich fiel freilich nach einem Dortmunder Aufbaufehler. Alli spielte Harry Kane an der Strafraumgrenze an. Und Kane machte, was Torjäger so machen. Er legte sich Ball und Gegenspieler zurecht und traf mit einem Flachschuss zum 1:1. Die kurze Tempoverschärfung hatte gereicht.
Dortmund rannte natürlich nicht hemmungslos nach vorn, weil die BVB-Profis wussten, dass sie ein Punkt im Fernduell mit Apoel Nikosia um Gruppenplatz drei und den Trostpreis eines Überwinterns in der Europa League immer noch in die Vorhand bringen würde. Es hatte sich auch auf dem Platz herumgesprochen, dass Real Madrid in Zy- pern zu einem Wettschießen angesetzt hatte. So verfiel das Spiel wieder in das Muster der Startphase. Beiden Teams ging es darum, zu hohes Risiko strikt zu meiden.
In der Spielanlage hatten die Gäste leichte Vorteile, alles wirkte ein wenig organisierter. Vor allem aber sah es bedeutend lockerer aus. Deshalb gingen die Londoner auch in Führung. Alli war wieder der Vorbereiter. Diesmal traf Heung-Min Son, dem die Dortmunder reichlich Platz im Strafraum gewährt hatten. Es wurde sehr ruhig auf den Rängen des ehemaligen Westfalenstadions.
In der Nachspielzeit musste der diesmal überzeugende Torwart Roman Bürki verletzt vom Platz.