Fragwürdig
Über den Artikel, der sich mit dem Flugzeugabsturz in Hochdahl-Trills befasst und den dabei ums Leben gekommenen Menschen gedenkt (RP vom 18. November), habe ich mich gefreut. Die Hochdahler Heimatforscherin Hanna Eggerath und ich haben intensiv die Hintergründe dieses traurigen Ereignisses über mehrere Jahre erforscht. Nachdenklich und kritisch stimmt mich dagegen die Äußerung von Herrn Kohl, der Pilot hätte mit einem Befehl zum Absprung aus dem Flugzeug der gesamten Besatzung das Leben retten können. Wenige Minuten vor dem Absturz wurde der HalifaxBomber mehrfach von einem deutschen Nachtjäger attackiert. Nach dem zweiten Angriff war das britische Flugzeug derart heftig getroffen, dass es nicht mehr steuerbar war. Der heute 92-jährige Jim McPhee, damals Heckschütze, un- terstrich dies, indem er berichtete, dass er, kurz bevor er bewusstlos wurde, noch mitbekam, wie das große Heckleitwerk des Bombers auseinander barst. Der Pilot A. Steeves fügte hinzu, dass das Flugzeug „von vorne bis hinten von Geschossen durchsiebt und die Instrumente im Cockpit zerstört wurden.“Warum sollte A. Steeves in dieser aussichtslosen Situation keinen Befehl zum Absprung gegeben haben? Er selbst gab am 15. Mai 1945 zu Protokoll, dass „mein Befehl zum Absprung nicht erwidert wurde“. Jim McPhee kann sich tatsächlich nicht an einen gleichlautenden Funkspruch erinnern. Möglicherweise war der Befehl über den Bordsprechfunk für die Besatzung nicht mehr vernehmbar, da die elektrische Anlage nicht mehr funktioniert hat. Wie auch immer: Dem mittleren Bordschützen wäre wahrscheinlich bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu helfen gewesen: Er wurde zuvor, während des Nachtjägerangriffs, schwer verwun- det. Warum sollte A. Steeves, der selber schwer verletzt war, in dem nicht mehr steuerbaren und abstürzenden Flugzeug weiter verharren? Auf dem Weg zur Notausstiegsluke in der Flugzeugnase begegnete er noch dem Navigator, doch dieser wollte oder konnte trotz angelegtem Fallschirm nicht abspringen – auch das gab Steeves zu Protokoll. Ich habe mich ebenfalls kritisch mit der Frage auseinandergesetzt, warum der Pilot in Kneteisen bei Haan mit dem Fallschirm gelandete, während das Flugzeug in Hochdahl-Trills niederging. Die Distanz dazwischen beträgt etwa sechs Kilometer. Selbst bei sehr langsamem Flug hätte die Flugzeit nicht einmal anderthalb Minuten gedauert. Sollte die Flughöhe allerdings noch ausreichend hoch gewesen sein, könnte der abgesprungene Pilot durchaus mehrere hundert Meter mit dem Fallschirm abgetrieben worden sein. Jim McPhee äußerte sich hierzu mir gegenüber: „Unser Pilot war ein feiner Kerl. Er hätte alles für uns und unser Wohl getan. Für mich ist es unvorstellbar, dass er das Flugzeug vorzeitig verlassen hat, ohne noch etwa für uns tun zu können.“Was sich genau an Bord des Bombers am 21. November 1944 zugetragen hat, kann nicht mehr lückenlos aufgeklärt werden. Albert Steeves kann nicht mehr befragt werden, er starb vor knapp 20 Jahren. Ihm unterlassene Hilfestellung oder gar Feigheit zu unterstellen, ohne dafür sachliche Beweise vorlegen zu können, halte ich daher für unangemessen und äußerst fragwürdig.