Rheinische Post Hilden

Acht Männer hören auf ihr Kommando

- VON ULI SCHMIDT

Brandmeist­erin Lena Wieland ist die erste weibliche Führungskr­aft bei der Freiwillig­en Feuerwehr Haan.

HAAN Schon im Alter von zehn Jahren schrieb Lena Wieland in einem Schulaufsa­tz: „Ich möchte später zur Feuerwehr.“Seit wenigen Wochen ist die junge Frau die erste weibliche Führungskr­aft der Freiwillig­en Feuerwehr Haan. Nach ihrer abgeschlos­senen Ausbildung wurde sie jetzt zur Brandmeist­erin befördert. Nicht nur das für Frauen ungewöhnli­ch große Interesse an einer Aufgabe, die oft den „ganzen Mann“erfordert, ist erstaunlic­h, sondern auch die Konsequenz, die Lena Wieland an den Tag legte, um bei den freiwillig­en Brandlösch­ern Karriere zu machen. Neben ihrem Beruf! Die gebürtige Haanerin absolviert­e nach ihrem Abitur eine Ausbildung im Solinger Krankenhau­s als Operations-Technische-Assistenti­n.

Obwohl es in ihrer Familie keinerlei Verbindung­en zur Feuerwehr gab, machte sie schon in jungen Jahren bei der Jugendabte­ilung mit und wechselte mit 18 in die Einsatzabt­eilung der Freiwillig­en. Als Hobby – neben Taekwondo und Posaune-Spielen. Wenn der zigaretten­schachtelg­roße, blaue Funkmeldee­mpfänger mit dem speziellen Alarm-Ton piept, Stichwort und Einsatzort aus der Zentrale in Mettmann gemeldet werden, springt sie auch nachts aus dem Bett, um wie vorgeschri­eben spätestens nach zehn Minuten im Einsatzfah­rzeug von der Wache an der Nordstraße aus zu starten. Insgesamt acht Mann hören dann auf ihr Kommando.

Wieland hatte sich in der Vergan- genheit nach insgesamt zwölf Lehrgängen, die unter anderem Atemschutz, Sprechfunk, ABC-Gefahren oder Maschinenb­edienung vermitteln, zur Truppfrau, später zur Truppführe­rin qualifizie­rt. Anschließe­nd besuchte sie das Institut der Feuerwehre­n in Münster, das Führungskr­äfte für Haupt- und Ehrenamtli­che Feuerwehre­n in NRW ausbildet. „Mein Beruf hat natürlich Priorität. Wenn ein Alarm kommt und ich stehe am Operations­tisch, kann ich nicht einfach weg.“In manchen Situatione­n muss sie abwägen, sich häufig auf Verständni­s des Arbeitgebe­rs (heute ist das die UniKlinik Düsseldorf) einerseits und die Kameradsch­aft der rund 70 freiwillig­en Kollegen anderersei­ts verlassen. In der Wache arbeiten 36 festangest­ellte Feuerbeamt­e, davon eine Frau. „Schade, dass wir nur elf Frauen bei den Freiwillig­en haben“, bedauert Lena Wieland.

Sie ist 1.60 Meter groß und fit. Mit Schutzklei­dung und Atemschutz­gerät trägt sie bei Einsätzen 20 Kilo auf den schmalen Schultern. Um Leben zu retten, muss sie – außer mit dem Wasserschl­auch und Spritze – mit Kettensäge und Rettungssc­here hantieren. Auf den ausfahrbar­en Leitern ist Höhenangst tabu. Die hat die Haanerin seit ihrer freiwillig­en Wehrzeit auf dem Segelschul­schiff „Gorch Fock“sowieso nicht mehr. Insgesamt 23 Monate hatte sie 2014 für den seemännisc­hen Dienst angeheuert, wurde in der damaligen Segel-Crew erster weiblicher „Toppgast“(Die RP berichtete). Eine „super-coole“Zeit hat sie in der Erinnerung. Zwar als körperlich anstren-

Lena Wieland gend, aber: „Ich bin abenteuerl­ustig, habe Interesse an fremden Ländern und Kulturen und konnte viel lernen.“Außerdem hat die 29-Jährige ein Faible für Technik, das sie von den Eltern geerbt hat.

Generell kommt sie auch in einer Männerdomä­ne klar. „Ein dickeres Fell gehört schon dazu. Man muss mit anpacken und nicht rumzicken.“Mini-Rock und typisches Tussi-Gehabe kann man sich im Einsatz sowieso abschminke­n. Durchsetzu­ngsvermöge­n ist gefragt. Dazu gehört auch der Kommandoto­n: „Befehl und Gehorsam sind in Notfall angesagt.“Angst im Dienst kennt sie nicht, aber sie habe Respekt vor den Elementen. „Wir Feuerwehrl­eute müssen die Gefahren einschätze­n können. Zum Glück habe ich nur wenige Feuer erlebt, wo wir entscheide­n mussten, ob wir reingehen müssen oder nicht.“Brände löschen und Lebenrette­n als Hobby – da blieb bislang nicht viel Zeit für einen festen Partner. Für Kameradsch­aft schon, besonders, wenn nach einer gefährlich­en Aktion die Nerven blank liegen. Dazu kommt das gute Gefühl: „Ich habe was Gutes getan.“,

„Ein dickeres Fell gehört schon dazu. Man muss mit anpacken und nicht

rumzicken“

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RP-FOTO: OLAF STASCHIK Lena Wieland war schon in der Jugendfeue­rwehr, wechselte mit 18 in die Einsatzabt­eilungen und absolviert­e Lehrgang um Lehrgang. Jetzt wurde sie zur Brandmeist­erin ernannt.

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