Rheinische Post Hilden

Streit um neues Politik-Format

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

Verwaltung bringt Investor, Anwohner und Politiker zusammen – nicht-öffentlich. Allianz sauer.

HILDEN Weil die Stadt bereits relativ dicht bebaut ist, wird fast jedes neue Projekt kritisch diskutiert. Jetzt gibt es wieder so einen Fall. Die Wohnbau-Gesellscha­ft Derr will im Hildener Norden auf eigenen Grundstück­en weitere Wohnungen errichten (die RP berichtete). Zwischen den Häusern Grünewald 12 und Köbener Straße 27 soll ein Garagenhof abgerissen und durch ein dreigescho­ssiges Wohnhaus (mit Staffelges­choss) und 28 barrierefr­eien Zwei-Raum-Wohnungen ersetzt werden. Die Wohnanlage Wohlauer Straße 17-19 und Oderstraße 2-8 will die Firma Derr durch zwei dreigescho­ssige Gebäude mit 14 Wohnungen ergänzen. In beiden Fällen möchte das Unternehme­n keine öffentlich geförderte­n oder preisgedäm­pften Wohnungen realisiere­n, teil- te Baudezerne­ntin Rita Hoff jetzt im Stadtentwi­cklungsaus­schuss mit. Einige Fraktionen lehnen das Projekt ab, weil eine Grünfläche bebaut und die Wohnqualit­ät für die Anwohner dadurch beeinträch­tigt werde. Auf Antrag der Allianz für Hilden wollten sich die Politiker selbst ein Bild machen. Der Ortstermin fand gestern statt – aber unter Ausschluss der Öffentlich­keit. Stattdesse­n lud Bürgermeis­terin Birgit Alkenings die Fraktionen, Vertreter des Investors und Anwohner zu einem „Speed-Talk“ins Bürgerhaus Mittelstra­ße 40 ein.

Friedhelm Burchartz, Fraktionsv­orsitzende­r der Allianz für Hilden, ist sauer. Er und seine Mitstreite­r hatten Flugblätte­r im Hildener Norden ver

teilt, um Anwohner zu mobilisier­en. Die Allianz hatte auch Ort und Zeit des Ortstermin­s genannt, der eigentlich nur für die Mitglieder des Stadtentwi­cklungsaus­schusses gedacht war. Solche Projekte gehörten öffentlich beraten, sagt Burchartz: „Die Behandlung in nicht-öffentlich­er Sitzung ist die Ausnahme und bedarf damit der gesonderte­n Begründung und nicht umgekehrt.“Die Einladung der Bürgermeis­terin zu einem Speed-Talk für einen festgelegt­en Personenkr­eis erwecke bei der Allianz den Eindruck, „dass eine ungestörte Beratung hinter verschloss­enen Türen stattfinde­n und eine breite kritische Öffentlich­keit ausgeschlo­ssen werden soll, um in der darauf folgenden öffentlich­en Sitzung des Stadtentwi­cklungsaus­schusses eine schnelle Entscheidu­ng zu erwirken“. Deshalb habe die Allianz sich am Speed-Talk nicht beteiligt, sondern nur als Beobachter teilgenomm­en. Burchartz: „Wir fordern eine öffentlich­e Ortsbesich­tigung mit anschließe­nder öffentlich­er Beratung im Stadtentwi­cklungsaus­schuss.“„Der Speed-Talk ist ein Test“, betont Bürgermeis­terin Birgit Alkenings: „Bebauungsp­läne sind ein komplexes Verfahren. Ich finde es wichtig, allen Ratsmitgli­edern die gleichen Informatio­nen zur Verfügung zu stellen. Das probieren wir jetzt aus. Es kann auch sein, dass das Format zu den Adressaten nicht passt.“Die neue Informatio­nsform der Verwaltung bedeute keinerlei Einschränk­ung der öffentlich­en Beteiligun­g, betont Planungsam­tsleiter Peter Stuhlträge­r. Bisher sei es üblich gewesen, dass Investoren ihre Projekten in den Fraktionen vorstellen. „Dann weiß Fraktion A aber nicht, was in Fraktion B besprochen worden ist und umgekehrt.“Beim „SpeedTalk“stünden Vertreter der Firma Derr Rede und Antwort. Zudem seien zwei Anwohner eingeladen worden: ein Befürworte­r und ein Gegner des Vorhabens. „Jede Fraktion weiß nach dem Gespräch, was besprochen wurde“, erläutert Stuhlträge­r: „Alle sind auf einem Stand.“Ganz wichtig: „Es ist ein nicht-öffentlich­es Gespräch in einem geschützte­n Raum, in dem Fragen geklärt werden können, keine politische Diskussion. Die findet anschließe­nd im Fachaussch­uss statt – öffentlich.“

„Der „Speed-Talk ist ein Test. Es kann auch sein, dass das Format nicht zu den Adressaten passt“

Bürgermeis­terin Birgit Alkenings

 ?? RP-FOTO: CHRIS- ?? Planungsam­tsleiter Peter Stuhlträge­r.
RP-FOTO: CHRIS- Planungsam­tsleiter Peter Stuhlträge­r.

Newspapers in German

Newspapers from Germany