Faber – der Exorzist aus Zürich
(her) Faber will uns den Teufel austreiben. Der Besuch bei ihm ist daher nicht frei von Anstrengungen. Der Abend im Zakk beschwingt auch nicht, er verstört. Der junge Schweizer hat auf der Bühne Spiegel angebracht, das Publikum sieht sich darin. Und wenn es kurz die Muße findet, sich in der vulgären Ekstase in den Ovalen zu beobachten, dann erschrickt es. Frauen und Männer berühren sich zärtlich an Haar und Arm, während dieser Faber ins Mikrofon schnurrt: „Die einen ertrinken im Überfluss, die anderen im Meer.“
Das ist es, was Faber, 24, will: uns den Spiegel vorhalten. Er singt wie ein notgeiler Sack, aber man darf das nicht mit seiner eigenen Notgeilheit verwechseln. Der Mann ist trostloser Realist, der die Widersprüchlichkeit unserer Zeit mit Posaune und Rassel besingt. Folkloristische Blasmusik trifft auf das Jahr 2018. Faber singt von 16-Jährigen, mit denen er Sexvideos drehen will, und 13-Jährigen, die ihren Körper verkaufen, spricht von Nutten und Blasen. Das ist brutal, wohl auch geschmacklos, aber all das ist die Gegenwart. Es ist kein zuckersüßer, schöngefärbter Pop, den Faber liefert, es ist Selbstgeißelung in wunderbare Melodien gegossen.
Julian Pollina, wie Faber eigentlich heißt, macht die Musik, die wir uns verdient haben. Sie kommt mit einer hübschen Oberfläche daher und greift dabei das Innerste an. Es ist zu hoffen, dass dieser Faber nach dem jetzigen Ende seiner Tour wiederkommt. Aber erst einmal lebt dieser Exorzist aus Zürich den Moment. Im Zakk lässt er sich gehen, verschwindet immer mal wieder von der Bühne, und ist mit Sicherheit betrunken. Trotzdem macht er das verdammt gut.