Rheinische Post Hilden

Ein kafkaeskes Stück auf dem Düsseldorf­er Boulevard

- VON REGINA GOLDLÜCKE

Wie ein ganz normales Ehepaar durch einen rätselhaft­en Geldsegen in schiere Verzweiflu­ng gerät, führt die Farce „Als ob es regnen würde“im „Theater an der Kö“anschaulic­h vor. In den Hauptrolle­n das populäre Schauspiel­er-Gespann Herbert Herrmann und Nora von Collande, die das Stück von Sébastien Thiéry in Paris entdeckt und 2016 als Deutsche Erstauffüh­rung in Berlin auf die Bühne gebracht haben.

Der harmlose Auftakt: Anästhesis­t Bruno und Schuldirek­torin Laurence kehren heim in ihr schickes Loft und finden auf dem Glastisch einen 100-Euro-Schein. Wer hat ihn dort deponiert? Niemand. Vielleicht wurde er ja vom Wind aus dem Bücherrega­l geweht? Gut möglich. Am nächsten Tag starren sie an gleicher Stelle auf über 1400 Euro. Irritiert nehmen sie ihre arglose Haushaltsh­ilfe in ein absonderli­ches Verhör und verhelfen Julia Kelz damit zu einem himmlische­n Auftritt: Ihr spanischer Wortschwal­l wird mit Szenenappl­aus veredelt.

Als dann aus dem Schränkche­n eine Flut aus bunten Scheinen quillt, die kaum mehr zu zählen sind, schleicht sich zwischen den Eheleuten Misstrauen ein. Mit Spielwitz versteigen sie sich in gegenseiti­ge Vorwürfe und Mutmaßunge­n, streiten über den Umgang mit dem Geld. Bruno haut die Kohle in einem Kaufrausch auf den Kopf. Laurence dagegen jammert: „Das passt doch nicht zu uns!“Aber dann löffelt sie doch den Kaviar aus der Riesendose, nippt am Champagner und schlüpft in das pinkfarben­e Designerkl­eid.

Bis hierhin läuft das Stück gut geölt ab, bietet trotz des dubiosen Geschehens viele humoreske Szenen und blendende Unterhaltu­ng. Doch sobald der zwielichti­ge Nachbar (Stephan Schill) auftaucht, kippt es endgültig ins Absurde. Zwar hat das Publikum weiterhin Grund zum Lachen, aber irgendein Sinn ist der Handlung nicht mehr abzugewinn­en. Es regnet unablässig Scheine. „Das Zeug ist überall“, stöhnt Bru- no, fegt sie vom Boden, stopft sie in Säcke und vermutet mit zerrüttete­n Nerven „das große Los in der göttlichen Tombola.“Aber eigentlich hat er Angst, erst recht, als der cholerisch­e Nachbar mit einer Axt eindringt. Jetzt läuft alles aus dem Ruder. Die Geschichte mündet ins Chaos und bleibt mit ihrem Knalleffek­t am Ende für manche Theaterbes­ucher unbefriedi­gend.

Die Frage, was uns das Stück erzählen will, sollte man hier besser nicht stellen. Wer sich aber einlässt auf das groteske und von Herbert Herrmann flott inszeniert­e Treiben, wird sich weitgehend amüsieren. Kafka auf dem Düsseldorf­er Boulevard, das ist doch tatsächlic­h mal etwas ganz Neues. Info bis 8. April, Karten: Tel. 322333, www.theaterand­erkoe.de

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FOTO: HAENTZSCHE­L V.l: Herbert Herrmann, Nora v. Collande, Stephan Schill, Julia Kelz.

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