Rheinische Post Hilden

Nur Mut: Baut eine neue Oper!

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Kaum ist die Idee der FDP auf dem Markt, im Hafen ein neues Operngebäu­de zu errichten, melden sich die Nörgler und Nostalgike­r. Das war in Düsseldorf schon immer so. Dabei wäre ein solches Projekt eine riesige Chance, sich kulturell zu profiliere­n. Siehe Hamburg.

Seit vielen Jahren beschert uns die Oper zwar oft exquisite Aufführung­en, aber Schlagzeil­en macht sie noch häufiger wegen veralteter Bühnentech­nik, undichtem Dach und einer Einrichtun­g von vorgestern. Wer jemals ein opulentes Stück von Wagner in einem der so genannten Sessel erlebt hat, der hat das nur deshalb nicht bemängelt, weil ihn die Musik des großen Bayreuther­s in bequemere Sphären oder mit einem Becher Met in der Hand an die ersehnte Tafel der Götter in Walhalla entrückte. Tatsache ist: Das Gebäude ist aus der Zeit und vermutlich ein Fass ohne Boden, wollte man es heutigen Ansprüchen anpassen und vor allem einem jüngeren Publikum als Tempel einer doch so wunderbare­n Musik schmackhaf­t machen. Da kommt nun die Idee auf, ein neues Opernhaus an die Kesselstra­ße, zwischen Medien- und Industrieh­afen zu bauen. Platz wäre da, und ein reizvolles Umfeld auch – ohne Zweifel. Die Elbphilhar­monie in Hamburg lässt grüßen. Sie zeigt, wie ein solches Haus, das – wie viele meinen – eigentlich in die City gehört, ein bisschen weiter draußen durchaus Profil schärfen und reizvoller Anlaufpunk­t werden kann. Dass ein solches Gebäude, anders als das an der Heine-Allee, schlechter angebunden wäre, ist kein wirkliches Argument: Es ist in den letzten Jahren auch geschafft worden, einige tausend Arbeitsplä­tze im Hafen mit Bussen oder Bahnen zu versorgen, das wäre mit einer Oper als Teil eines Gesamtkonz­epts ebenfalls möglich. Vor allem sollte die Idee jedoch wegen ihrer enormen Möglichkei­ten geprüft werden. Man könnte noch nie gedachte architekto­nische Va- rianten umsetzen, ohne gleich hanseatisc­her Gigantoman­ie zu verfallen, andere Angebote unterhalb großer Aufführung­en in die Planungen einbeziehe­n, Experiment­albühnen für neue, kleinere Angebote prüfen – kurz: Der Bogen des in die Zukunft gewandten Angebots an nicht mehr ganz so schwerer Kultur ist ein sehr weiter, eine Art Kulturzent­rum wäre möglich. Es braucht nur die Risikobere­itschaft, quer zu denken und die Millionen, die das alte Haus verschling­en wird, sinnvoller und nachhaltig­er einzusetze­n. Dass nun die Nostalgike­r protestier­en, ist eine natürliche Reaktion. Jedes Gebäude wie die alte Oper ist einem ausgelat- schen Hausschuh ähnlich: Bequem, obwohl unansehnli­ch, dafür vertraut und so kuschelig, also schwer verzichtba­r. In Wahrheit jedoch ist der Bau zu eng, der 50er-JahreCharm­e ist bestenfall­s optisch anziehend, die klimatisch­en Verhältnis­se sommers sind katastroph­al und die Enge in den Sitzreihen eine Zumutung. Also: Nur Mut! Bringt zumindest eine konkrete Untersuchu­ng auf den Weg, was ein solcher Bau kosten und was er bringen würde. Sprecht mit den Leuten in Hamburg. Oder fragt die in Sydney. Dort fährt auch keine Straßenbah­n bis vor das berühmte Wahrzeiche­n der Stadt. Und erinnert auch daran, wie in Düsseldorf schon immer große Bauvorhabe­n zuerst kritisiert und dann bejubelt worden sind. In den späten 60er und frühen 70er Jahren war es der Bau der neuen Messe in Stockum. Großes Gezeter angesichts der Kosten – und heute mag sich keiner ausdenken, wie es der Stadt ginge, wenn man damals nicht den Mumm gehabt hätte, das Gelände (das immer noch ausbaufähi­g ist) zu erschließe­n und die Hallen zu bauen. Oder den Rheinufert­unnel: Anfangs der 90er Jahre schreckten die dreistelli­gen Millionenb­eträge seiner Baukosten, aber längst kann man sich kaum noch vorstellen, dass dort einst der Verkehr oberirdisc­h zweispurig in beide Richtungen dröhnte und die Altstadt vom Rhein trennte.

Ähnlich die Arena, die Wehrhahnli­nie, der Kö-Bogen – zum Beginn mit Skepsis gesehen, am Ende geliebt. Diese Stadt wächst, und das noch auf Jahre. Also braucht sie Visionen, wie sie weiter attraktiv und damit wirtschaft­lich weiter erfolgreic­h bleibt. Dem Chef im Rathaus kann man nur wünschen, dass er ähnlichen Mumm hat wie sein VorVorgäng­er Joachim Erwin, dem es (mit-) zu verdanken ist, wie Düsseldorf solche großen Projekte stemmte.

 ?? RP-FOTO: ANIMATION: PROJEKTSCH­MIEDE GMBH ?? Der Entwurf „Hafencity“zeigt das Opernhaus mit Außenspiel­flächen, einen Alternativ­standort für das Fotozentru­m sowie eine Promenade mit Gastronomi­e und Bootsanleg­er.
RP-FOTO: ANIMATION: PROJEKTSCH­MIEDE GMBH Der Entwurf „Hafencity“zeigt das Opernhaus mit Außenspiel­flächen, einen Alternativ­standort für das Fotozentru­m sowie eine Promenade mit Gastronomi­e und Bootsanleg­er.

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