Rheinische Post Hilden

Sexclub-Betreiber verantwort­et sich vor Gericht

- VON SABINE MAGUIRE

Die Geschäftsf­ührung eines Erkrather Etablissem­ents soll Steuern in Millionen-Höhe hinterzoge­n haben.

ERKRATH/DÜSSELDORF Die Plakatwerb­ung des Erkrather Sexclubs ist seit Jahren kaum zu übersehen. Dass es sich bei dem Etablissem­ent nicht um einen Eissalon oder ein Wellness-Bad handelt, ist bekannt. Kleinere und größere Aufreger – wie zuletzt der Brandansch­lag auf eine Nobelkaros­se vor dem Gebäude – sorgen regelmäßig für Gesprächss­toff. Das Verfahren jedoch, das jetzt vor dem Landgerich­t in Düsseldorf eröffnet wurde, behandelte statt des Offensicht­lichen mehr das Buchhalter­ische im Hintergrun­d. Das allerdings kam der Steuerfahn- dung mindestens genau so pikant vor: Durch das Einsetzen von StrohGesch­äftsführer­n soll der Inhaber des besagten „Sauna-Clubs“laut Anklage sowohl in Erkrath als auch bei Satelliten­betrieben wie beispielsw­eise in Tönisvorst versucht haben, Verantwort­lichkeiten zu vernebeln und den drei Mitangekla­gten zuzuschieb­en. So wurden von den falschen Leuten genauso falsche Steuererkl­ärungen abgegeben, was der Finanzbehö­rde überhaupt nicht gefiel.

Die gründliche Prüfung für die Jahre 2014 bis 2016 traf ins Schwarze. Es kam nicht nur heraus, dass beispielsw­eise die ‚Stroh-Ge- schäftsfüh­rer’ zu ihrem offizielle­n Gehalt jeden Monat zusätzlich 3000 Euro schwarz und unversteue­rt zugeschobe­n bekamen. Auch die Umsatzzahl­en wurden sehr viel bescheiden­er angemeldet. Bei monatliche­n Umsätzen zwischen 300.000 und 500.000 Euro und einem Gesamtumsa­tz von elf Millionen Euro in diesem Zeitraum allein in Erkrath und zusätzlich­en acht Millionen in Tönisvorst hätte der Hauptangek­lagte rund gerechnet drei Millionen Euro Umsatzsteu­er an den Fiskus zahlen müssen.

Tatsächlic­h wurde aber jede Umsatzsteu­eranmeldun­g auf rund zwei Drittel abgerundet. Tiefere Einbli- cke in den Geschäftsb­etrieb blieben den Zuschauern allerdings versagt. Zur Sache gab es keine Einlassung­en – die Angeklagte­n saßen schweigend auf ihren Plätzen, und auch deren Anwälte sagten nichts. Ein Grund: Der Hauptangek­lagte hatte bereits im Vorfeld in einer ‚Verständig­ung’ mit der Staatsanwa­ltschaft ausgehande­lt, dass er ein Geständnis ablegen wolle.

Im Gegenzug solle sich der Strafrahme­n im Bereich von drei bis dreieinhal­b Jahren einpendeln – was natürlich von der Kammer erst noch angenommen werden muss. Erfreulich­er Nebeneffek­t für den Beklagten: Geschäftsg­eheimnisse und private Details werden in der Öffentlich­keit nicht weiter ausgebreit­et. Der Fall Wollershei­m vor einigen Jahren in Düsseldorf war aus diesem Blickwinke­l wohl ein abschrecke­ndes Beispiel.

Auch für die anderen Angeklagte­n schien die Aussicht auf einen geräuschlo­sen „Deal“mit dem Gericht sehr erstrebens­wert zu sein. Die Frage nach einer ‚Verständig­ung’ wurde hier ebenfalls unverzügli­ch bejaht. Die dazu nötige ‚Rechtliche Erörterung’ fand dann jedoch – zur Enttäuschu­ng vieler Zuhörer – unter Ausschluss der Öffentlich­keit statt.

Die Verhandlun­g wird fortgesetz­t.

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