„WM hat in den Köpfen schon begonnen“
In Düsseldorf hat die Nationalelf erstmals dieses Jahr gemeinsam trainiert. Manager Oliver Bierhoff berichtet von Harmonie im Team. Thomas Müller kündigt gegen Spanien ein „Spiel fürs Auge“an.
DÜSSELDORF Thomas Müller kommt zehn Minuten zu spät zur Pressekonferenz in das Düsseldorfer Hotel. Zwar ist Teammanager Oliver Bierhoff schon da und spricht gut gelaunt über die erste Zusammenkunft der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in diesem Jahr, über die „große Wiedersehensfreude“und „große WM-Vorfreude“, die trotz harten Konkurrenzkampfs in der Mannschaft herrsche. Und wie zum Beweis präsentiert dann auch die DFB-Medienabteilung gleich ein Imagevideo, das all das untermauern soll. Doch erst als Müller eintrifft, lebt die Runde auf.
Der 28-Jährige betritt den Raum, er grinst, winkt und nimmt einen kräftigen Schluck elektrolythaltiger Flüssigkeit zu sich. Müllers Durst scheint groß – wie auch der Erfolgshunger der DFB-Elf. Als „Auslese“bezeichnet Müller das Team und begreift den Konkurrenzkampf als Hilfsmittel, das Leistung fördere. „Die WM hat in den Köpfen schon begonnen. Ich freue mich auf den Fußball-Sommer.“Fortan gibt Mül- ler den Schelm, stellt kesse Gegenfragen oder neckt Bierhoff, etwa, als der beim Antworten auf einen Notizzettel linst. „Hast du etwa ’nen Spickzettel? Erwischt!“
Ernster geht es in der Vorbereitung auf den morgigen Test gegen Spanien zu. Ihre ersten Trainingseinheiten hat die Nationalelf im Paul-Janes-Stadion in Düsseldorf hinter sich gebracht. Bis auf den Münchner Sebastian Rudy, der zu seiner hochschwangeren Frau abgereist ist, und Emre Can (FC Liverpool), der Rückenbeschwerden hat, stehen Bundestrainer Joachim Löw alle nominierten Spieler zur Verfügung. Selbst Stammkeeper Manuel Neuer sei auf eigenen Wunsch zum Team gestoßen, obwohl sein WMEinsatz noch fraglich ist.
„Spanien und Brasilien sind starke, hochkarätige Gegner“, sagte Bierhoff. Das Team wolle vor aus- verkaufter Kulisse zeigen, dass die Mannschaft „etwas Besonderes“ist. Der Slogan, mit dem sich das Kunstprodukt „Die Mannschaft“nun vermarktet, soll das unterstreichen: „Best never rest“steht in fetten Lettern auf den DFB-Autos – damit auch ja kein Spieler vergisst, dass sich „der Beste“, als der sich der amtierende Weltmeister offensichtlich begreift, „nie ausruht“.
Eine Diskussion über die Wahl des WM-Stürmers kam nicht auf. Vielmehr sei es Löws „Qual der Wahl“, ob Mario Gomez, Sandro Wagner oder Timo Werner ein Ticket für Russland bekommt. In Nils Petersen ist der beste deutsche Torjäger der Liga (13 Treffer) gar nicht erst nominiert worden.
Das Risiko für WM-Boykotte schätzt Bierhoff als gering ein: „Uns ist die Begegnung von Menschen wichtig, das Völkerverbindende.“Müller kündigte gegen Spanien ein „Spiel fürs Auge“an. Den Rekord, den die Nationalelf nach den zwei Tests erreichen könnte (seit 23 Spielen unbesiegt), hatte er offenkundig nicht auf dem Schirm – er bestätigte aber brav, ihn brechen zu wollen.