Köln steht auf Kunst
Bei der Art Cologne sind Arbeiten von Jeff Koons, Ernst Ludwig Kirchner und ein 1800 Quadratmeter großer Teppich zu sehen.
KÖLN Tatsächlich: Die Kölner stehen auf Kunst. Und das ist nicht bloß eine Floskel und meint nicht nur die paar hundert Geladenen, die gestern überpünktlich bei der Art Cologne eintrafen und dann vor dem Einlass ausharrten, als gebe es drinnen etwas umsonst oder zumindest günstig. Gemeint sind alle, die in den nächsten Tagen die Kunstmesse besuchen – 52.000 waren es im vergangenen Jahr. Alle werden sie auf Kunst stehen – buchstäblich. Denn im Foyer des Eingangs Süd der Kölnmesse hat Künstlerin Zuzanna Czebatul ihr Werk auf 1800 Quadratmetern ausgebreitet. Einen blauen, sehr bunt bedruckten Teppich.
Das teuerste Werk stammt von Ernst Ludwig Kirchner und soll drei Millionen
Euro kosten
„Higher than the sun“heißt die raumfüllende Arbeit, an der niemand vorbeikommt, und deren Design sich Czebatul von den Ausstattern in Casinos abgeschaut hat. In Las Vegas zum Beispiel liegen gleichfalls wild gemusterte Teppiche in den Spielhöllen. In Köln haben sie eine surrealistische, comichafte Anmutung – hinzukommen dem Kunstmarkt vertraute Schlagworte wie „Cash“und „Hype“. In Las Vegas, so erfährt man von Daniel Hug, Chef der Art Cologne, sollen die Teppiche die Spieler stimulieren. In Köln erhofft man sich vergleichbare Effekte bei den Kunstkäufern, und ein wenig selbstironisch möchte sich der Kunstmarkt gerne auch zeigen.
In Köln wird heute jedenfalls die Art Cologne ganz offiziell eröffnet, bis Sonntag zeigen 210 Galerien auf drei Ebenen ihre Programme. Gestern hatten einige tausend geladene Gäste den Erstzugriff, und wer konnte, kam bei dem schönen Wetter mit dem Cabriolet von Bentley. Drinnen, in den fensterlosen Mes- sehallen, war vom Sonnenschein dann nichts mehr zu sehen, dafür aber hochkarätige und für das Gros der Besucher wohl unerschwingliche Kunst.
Das teuerste Werk, Ernst Ludwig Kirchners Ölgemälde „Ruderer“, stammt von 1928 und kostet bei der Schweizer Galerie Henze und Ketterer mehr als drei Millionen Euro. Nur eine Arbeit von Kunst-Popstar Jeff Koons bei der Galerie David Zwirner kann da mithalten. Das größte Angebot liegt in einer Spanne von einigen tausend bis zu einigen hunderttausend Euro, und wer wirklich jeden Winkel der weit ver- zweigten Hallen auskundschaften möchte, muss mehrmals wiederkommen, so viel gibt es zu sehen.
Besondere Stücke dürften allerdings schnell weg sein, am Stand der Mönchengladbacher Galerie Löhrl etwa klebte gestern nach der ersten halben Stunde neben einem Sigmar-Polke-Siebdruck (4200 Euro) schon ein roter Punkt, der üblicherweise einen verkauften Posten kennzeichnet. Zu haben waren bei Löhrl indes noch 16 Fotokunstwerke von Anett Stuth. Die Künstlerin hat in der ganzen Welt fotografiert und ihre kleinformatigen Bilder, die ihrerseits oftmals Straßen- kunst abbilden, anschließend noch einmal übermalt. Jede Arbeit ein Unikat – und mit 850 Euro pro Exemplar eines der preiswerteren Angebote auf der Messe.
Wer Kunst kaufen, aber kein Vermögen ausgeben möchte, muss entweder findig sein oder auf seinem Messe-Lageplan nach grauen Flächen Ausschau halten. 21 davon gibt es, die allermeisten im ersten Stock, in den Hallen für zeitgenössische Kunst. Diese Flächen – das sind die Plätze für die „New Positions“. Jungen Künstlern wird auf je 25 Quadratmetern neben ihrer Galerie die Möglichkeit gegeben, ihr Werk in einer Einzelschau zu entfalten. Berit Schneidereit etwa, Gursky-Schülerin und KunstakademieAbsolventin, zeigt – angedockt an die Düsseldorfer Galerie Cosar HMT – Fotografien aus einem Botanischen Garten in Lissabon, die sie mit Rastern überlagert hat, die neue Blickpunkte entstehen lassen. Kleinere Arbeiten aus dieser Reihe kosten um die 2400 Euro.
Noa Yekutieli, die in Tel Aviv aufwuchs und in Los Angeles lebt, präsentiert neben der Galerie Sabine Knust komplexe Scherenschnitte, die Hände und Köpfe zeigen, eingefasst in die Grenzverläufe von Natio- nalstaaten. Die filigranen Arbeiten kosten zwischen 800 und 1500 Euro.
Noch kleinteiliger sind nur die TShirts von Jan Henderikse, die er aus Dollar-Noten gefaltet hat. Bei der Galerie Levy gibt es den Dollar für 300 Euro.
Ein Vielfaches muss man für Andreas Mühes großformatige Fotografien ausgeben, die beim ersten Rundgang zum Hingucker der Messe avancierten. Wer am Stand der Kölner König Galerie vorbeikam, bremste vor diesen Bildern ab. Sie zeigen Anhänger des Fußballclubs Dynamo Dresden, Mühe hatte die Ultras in die Semperoper geladen. Eine Arbeit zeigt, wie sie sich in der Hochkulturstätte austoben, die andere, wie sie brav in ihren Reihen sitzen. Vor allem im Doppel entfalten diese Bilder eine Faszination. Kosten: jeweils 33.000 Euro.
Wer nur ein Souvenir von der Kunstmesse mitnehmen möchte oder auf langfristige Wertsteigerung setzt, dem sei der Besuch am Sonntag empfohlen. Dann soll im Tagesverlauf der Kunst-Teppich aus dem Foyer, die Arbeit von Zuzanna Czebatul, verkauft werden. Ein Stückchen soll 50 Euro kosten.