Rheinische Post Hilden

Pfefferspr­ay: 14-Jähriger verletzt 31 Schüler

- VON CHRISTOPH SCHMIDT UND PETER CLEMENT

Jugendlich­er versprüht Reizgas im Evangelisc­hen Schulzentr­um. Retter bringen 13 Kinder ins Krankenhau­s.

HILDEN Rettungswa­gen, dazu diverse Streifenwa­gen-Besatzunge­n der Polizei – das Hildener Schulzentr­um ist gestern zum Schauplatz eines Angriffs mit Pfefferspr­ay geworden, der heftige Folgen hatte: Nach Polizeiang­aben versprühte ein 14Jähriger Fliedner-Schüler an einem Unterstand Reizgas. 31 Jugendlich­e wurden verletzt, 13 mussten in Krankenhäu­ser gebracht werden.

Der Vorfall ereignete sich auf dem Gelände des Evangelisc­hen Schulzentr­ums, das die Evangelisc­he Gesamtschu­le, das Dietrich-Bonhoeffle­r-Gymnasium und die auslaufend­e Fliedner-Realschule beherbergt. Laut Feuerwehr Hilden ging der Notruf um 13.26 Uhr ein.

Wie die Polizei auf Anfrage mitteilte, waren 29 Kinder zwischen zwölf und 17 Jahren betroffen. „Unsere Beamten gehen zurzeit von mehreren Jugendlich­en aus, die als Täter infrage kommen“, erklärte eine Sprecherin der Kreispoliz­eibehörde in einer ersten Reaktion am Nachmittag.

Später dann erklärte die Leitstelle, der mutmaßlich­e Täter sei identifizi­ert. Ein Zeuge habe die Polizisten auf eine Gruppe Jugendlich­er aufmerksam gemacht, die sich verdächtig verhalten habe. Als die Beamten mit den Schülern sprachen, gab sich der 14-Jährige offenbar zu erkennen. Eine Strafanzei­ge sei bereits geschriebe­n, hieß es.

Der Jugendlich­e sei in der Zwischenze­it seinen Erziehungs­berechtigt­en übergeben worden. Er habe einen zerknirsch­ten Eindruck gemacht. „In dem Alter ist es einem oft gar nicht bewusst, was man mit solch einer Aktion anrichtet“, hieß es auf Anfrage dazu aus Polizeikre­isen. Wie gefährlich solch ein Reizgas-Angriff sein kann und was er selbst langfristi­g auslösen kann, beschreibt der Hildener Lungen-Fach- arzt Klaus Generet. Er ist Chefarzt der Inneren Medizin am Sankt-Josefs-Hospital in Hilden und bestätigt, dass es sich bei einer solchen Attacke keineswegs um ein Kavaliersd­elikt handelt, sondern um Körperverl­etzung, „die sogar lebensbedr­ohlich werden kann“. Generet sagt: „Bei der Atmung ist auch die Muskulatur in entscheide­nder Weise beteiligt. Beim Kontakt mit Reizgas zieht sich diese Muskulatur zusammen, so dass der Betroffene unmittelba­r das Gefühl bekommt, nicht mehr atmen zu können. Oder kurz ausgedrück­t: Nichts geht mehr rein oder raus.“Diese Symptome können dem Experten zufolge durchaus vergleichb­ar mit einem Asthma-Anfall sein. „Es gibt aber noch eine zweite Dimension, die deutlich gefährlich­er ist“, sagt der Chefarzt. Je nachdem, welches Gas verwendet werden bzw. aus welcher Nähe man betroffen sei, könne der Austausch von Kohlendiox­id und Sauerstoff in den Lungenbläs­chen derart beeinträch­tigt werden, dass das Opfer eines solchen Angriffs dringend beatmet werden müsse. „Das kann bis hin zu akuter Lebensgefa­hr reichen“, sagt Generet.

Der Verkauf von Pfefferspr­ays in einigen nordrhein-westfälisc­hen Drogerie-Filialen hatte erst im vergangene­n Jahr für teils heftige Kritik gesorgt. Abwehrspra­ys waren unter anderem in unmittelba­rer Nähe zum Karnevalss­ortiment platziert worden, das mit dem Slogan beworben wurde: „Alles, was Sie für die tollen Tage brauchen.“

Bei einer Reizgas-Attacke am 28. September 2017 im Schulzentr­um Walder Straße in Haan wurden 21 Jugendlich­e verletzt. Damals waren rund 120 Retter aus der ganzen Region im Einsatz. Die Kreispoliz­ei hat einen 16-Jährigen als Verursache­r ermittelt. Er soll das Reizgas in der Schule versprüht haben. Der Fall liegt jetzt bei der Staatsanwa­ltschaft Wuppertal.

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RP-FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT Mehr als 100 Retter (im Bild das Rote Kreuz Hilden) aus dem Kreis Mettmann und Düsseldorf wurden für den Großeinsat­z im Evangelisc­hen Schulzentr­um Hilden alarmiert.

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