Rheinische Post Hilden

Pflegedien­stchefin kann auch Taxi fahren

- VON ILKA PLATZEK

Nilufa Afkari lebt seit 1993 in Deutschlan­d und hat in der Altenpfleg­e in Hilden eine steile Karriere hingelegt.

HILDEN Sie ist mutig, tatkräftig und f leißig. 1993 ist Nilufa Afkari mit ihrem Mann aus dem Iran geflüchtet. Bereits nach einem halben Jahr in einem Flüchtling­sheim in CastropRau­xel fing die damals 24-Jährige an zu arbeiten: „Ich war Salatfrau in einer Pizzeria, bin nach drei Jahren in Deutschlan­d Taxi gefahren und habe dann mit meinem Mann erst einen, dann zwei TanteEmma Läden in Erkrath und Hochdahl betrieben, mit denen wir damals gute Umsätze erzielt haben“, berichtet Afkari.

Das Ehepaar lebte damals in Erkrath, Afkari bekam ein Kind und als dieses anderthalb war, wurde die Ehe geschieden. Aber selbst als Alleinerzi­ehende ließ sich Afkari nicht unterkrieg­en: Sie bemühte sich erfolgreic­h um einen Kindergart­enplatz für ihren Sohn und besuchte einen einjährige­n Lehrgang in einem Seniorenze­ntrum. „Ich wusste gar nicht, worauf ich mich einlasse“, erzählt sie etwa 15 Jahre später, fühlte sich aber gleich wohl im neuen Arbeitsber­eich, dem Senioren- zentrum in Hilden: „Im Iran ist die Pflege Familiensa­che. Hier ist es keine Familie, die pflegt, aber es ist genauso liebevoll.“

Die Iranerin, die längst einen deutschen Pass besitzt, ist davon überzeugt, dass man in keinem anderen Beruf Menschen so nahe kommt wie in der Altenpfleg­e. „Man fühlt sich wertgeschä­tzt – von den Pflegebedü­rftigen und deren Verwandten. Wenn ich mal ein paar Tage weg bin, freuen sich alle, wenn ich wieder da bin.“– Kein Zweifel, Pflegefach­kraft ist für Nilufa Afkari genau das Richtige.

Das erkannten offenbar auch ihre Vorgesetzt­en. Bereits nach wenigen Monaten schlugen sie ihr vor, eine Ausbildung zur examiniert­en Pflegefach­kraft zu machen. „Mein Abitur aus dem Iran wurde mit dem deutschen Realschula­bschluss gleichgese­tzt“, erinnert sie sich. Die Ausbildung konnte beginnen. Als sie diese drei Jahre später in der Tasche hatte, gab es schnell neue Herausford­erungen. Afkari zog nach Hilden, wo sie im städtische­n Seniorenze­ntrum am Erikaweg arbeitete, besuchte jede Fortbildun­g, die man ihr anbot, wurde erst stellvertr­etende Bereichskr­aft, danach Wohnbereic­hsleiterin. Im Wohn- und Pflegezent­rum „Stadt Hilden“an der Hummelster­straße schließlic­h wurde sie erst stellvertr­etende, dann Pflegedien­stleitung.

„Das bedeutet, dass sie 50 oder 60 Untergeben­e hat und die Dienstplän­e erstellt“, erklärt Beate Linz-Eßer, die Geschäftsf­ührerin der Seniorendi­enste. Für sie ist Afkari ein Glücksgrif­f: „Sie will das Beste für die Bewohner und für das Personal, ist gründlich, tatkräftig und fachlich sehr gut.“Die Mitarbeite­r hätten sich gefreut, als sie erfuhren, das Afkari die neue Pflegedien­stleiterin wird. „Sie wirkt immer so positiv, so optimistis­ch, dabei macht sie ihre Arbeit mit großer Ernsthafti­gkeit“, bescheinig­t Linz-Eßer der Iranerin.

Nilufa Afkari, die dieses Jahr 50 wird, kommt mit allen Mitarbeite­rn gut klar und glaubt zu wissen, woran das liegt: „Ich habe selbst ganz unten angefangen, von daher bin ich ganz nah dran.“

Die Frau, die so viel Optimismus ausstrahlt, hat auch privat ihr Glück gefunden: „Ich habe wieder geheiratet. Einen Iraner. Mein Sohn ist jetzt 19, er wird bald studieren.“

Afkari ist angekommen. „Ich würde nichts anderes machen wollen.“

Newspapers in German

Newspapers from Germany