Bedrohte Volksparteien
Drohen die Volksparteien auszusterben wie einst die Dinosaurier? Sie erweisen sich jedenfalls nicht als besonders anpassungsfähig in einer sich rasant wandelnden Zeit.
Warum die Dinosaurier ausgestorben sind, dazu gibt es viele Theorien, aber keine gesicherte. Eine mögliche: Das Klima und die Pflanzen haben sich verändert, die Erdkrusten gerieten in Bewegung. Die Dinosaurier konnten sich nicht schnell genug anpassen. Den Volksparteien CDU, CSU und SPD könnte es ähnlich gehen: Das politische Klima ändert sich, die Kommunikationskanäle vervielfachen sich und immer weniger Menschen haben Lust, sich hinter einer Fahne zu versammeln. Die Parteien wiederum erweisen sich nicht als wendig genug, diesen Herausforderungen standzuhalten. Vier Thesen, warum schon nichtige Anlässe wie der Fall Maaßen die Volksparteien aus dem Tritt bringen und ihre existenzielle Bedrohung zeigen.
1. Das Problem der Volksparteien sind die Volksparteien
CDU, CSU und SPD haben jeweils eine Reihe von hausgemachten Problemen. Die Sozialdemokraten stecken in dem Strudel, in den auch ihre europäischen Parteifreunde in Frankreich, in den Niederlanden und in Italien geraten sind. Ihre großen gesellschaftspolitischen Forderungen sind erreicht. Die SPD erweist sich bisher als unfähig zur Erneuerung und zum Erschließen und Integrieren neuer Wählerschichten. Dabei ist die Integration ganz unterschiedlicher Interessen das Lebenselixier von Volksparteien.
Die CSU hat in ihrem Beharren auf den Anspruch einer absoluten Mehrheit die Zeichen der Zeit völlig verkannt. In einer Gesellschaft, in der Vernetzung und Individualität eine immer größere Rolle spielen, ist es ignorant zu meinen, man käme dauerhaft ohne Koalitionspartner aus. Zudem hat die CSU mit Horst Seehofer an der Spitze die personelle Erneuerung versäumt.
Das gleiche Problem hat die CDU mit Parteichefin Angela Merkel und Fraktionschef Volker Kauder. Es ist ohnehin eine Sensation, dass sich das Duo in einer so schnelllebigen Zeit schon so lange an der Macht halten kann. Nachdem sie sich in ihre vierte Amtszeit geschleppt haben, erodiert die Macht, während die Nachfolge noch nicht geregelt ist. So entsteht ein Vakuum, in das andere politische Kräfte stoßen können. Grundsätzlich kann das auch eine politische Bewegung der Mitte sein, für die in Deutschland bislang nur die charismatische Führungsfigur fehlt.
2. Die Volksparteien haben keine Rezepte gegen Abstiegsängste
Die Arbeitsmarktreformen der Regierung von Gerhard Schröder sind eine wichtige Grundlage für brummende Konjunktur und gute Beschäftigung heute. Mit diesen Reformen sind aber auch Abstiegsängste in die Gesellschaft eingezogen. Deutschland und damit auch seine Bürger haben viel zu verlieren: Globalisierung und Digitalisierung sorgen dafür, dass die Sicherung des Wohlstands in Zukunft auf andere Säulen gestellt werden muss. Die Volksparteien mit ihren alten Rezepten wirken mit dieser Aufgabe überfordert.
Der starke Zuzug von Flüchtlingen nach Deutschland ist zudem ein gefährlicher Katalysator der Abstiegsängste. Auch auf die Fragen, wie Europa seine Außengrenzen schützt und die ankommenden Flüchtlinge integriert, geben die Volksparteien keine klaren Antworten. Vielmehr zerstreiten sie sich über kleine Probleme, wie einen Verfassungsschutzchef, der unangemessene Interviews gibt. Derweil können die Populisten von rechts und links mit einfachen Antworten punkten. Wenn ein Kompromiss der Chefs der Volksparteien zudem darin besteht, dass der besagte Spitzenbeamte noch befördert wird, dann verschärft das auch Abstiegsängste. Denn mit solchen Entscheidungen zerbricht das Vertrauen, dass es in unserer Gesellschaft gerecht zugeht: Wonach der Tüchtige aufsteigen kann und wer Fehler macht, in seine Schranken verwiesen wird.
3. Die Volksparteien fremdeln mit den sozialen Netzwerken
Selbstverständlich haben CDU, CSU