Die Baustellen von Lufthansa
Lufthansa und der Ableger Eurowings wachsen schnell – jetzt beklagt sich ein prominenter Passagier massiv. Dabei hat der Konzern Streit mit den Airports und zu wenige Jets, um das Fahrgast-Wachstum bewältigen zu können.
FRANKFURT/M. Eigentlich wollte Eurowings den Donnerstag mit einer guten Meldung schmücken – der Lufthansa-Ableger fliegt künftig auch von Düsseldorf aus zum Flughafen Newark bei New York City und übernimmt eine Route von Lufthansa. Doch dann sprach sich herum, dass der Unternehmer Wolfgang Grupp (Trigema) einen bitterbösen Brief über Eurowings an den Lufthansa-Aufsichtsrat geschrieben hatte.
Grupps Familie sollte am 31. August auf der Route Stuttgart-Rom mit Familie zuerst wegen des Einsatzes eines kleineren Jets umbuchen. Dann durfte die Familie doch mit, aber Eurowings ließ das Gepäck in Deutschland liegen. Damit die Familie dann zur Privataudienz des Papstes passend gekleidet war, mussten für Tausende Euro neue Asseccoires erworben werden. Grupp zum Aufsichtsrat laut „Handelsblatt“: „Dieser Umgang mit Passagieren darf nicht normal sein.“
Der Vorgang zeigt, dass Lufthansa und Eurowings aus den Turbulenzen wegen ihres enormen Wachstums nicht herauskommen. Lufthansa als Gruppe steigerte im August die Passagierzahl um zehn Prozent auf rund 13,8 Millionen Personen – 87 Prozent der Sitze wurden verkauft.
Noch stärker legt Eurowings mit einem Plus von 15,8 Prozent zu – es hat sich gelohnt, große Teile von Air Berlin zu übernehmen.
Doch so gut die Geschäfte laufen, so viel Ärger gibt es mit Passagieren, Flughäfen und Lieferanten. Eurowings hat, wie das Beispiel der Familie Grupp zeigt, noch immer nicht die Integration von 77 neuen Jets bewältigt. Lufthansa-Chef Carsten Spohr persönlich bat die Öffentlichkeit um Verständnis, dass immer wieder Flüge ausfallen; die Organisation sei extrem belastet.
Allerdings war die Eurowings-Krise zum Teil selbstverschuldet: Nur um sich wichtige Flugrechte (“Slots“) zu sichern, wurden so viele Routen wie möglich in den Flugplan gepresst. Doch weil Jets nicht pünktlich auf Eurowings umgeschrieben wurden, entstanden die Engpässe. Klaus Müller, Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen sagt: „Natürlich war verständlich, dass Eurowings sich nach dem Ende von Air Berlin einen möglichst großen Teil vom Kuchen sichern wollte. Aber es ist äußerst ärgerlich, dass dies auf dem Rücken der Passagiere geschah. Man kann nur hoffen, dass es nun schnell besser wird.“
Gleichzeitig spricht sich Lufthansa dagegen aus, dass die Flughäfen Frankfurt und Düsseldorf ihre Kapazitäten erhöhen. Die jeweiligen Flughafenchefs sind genervt über die Querschüsse des wichtigsten Kunden. Lufthansa-Chef Carsten Spohr meint, die zwei Airports seien überlastet, und verlagert sogar Langstreckenjets von Frankfurt nach München. Die Wahrheit ist eine andere. In Frankfurt wie in Düsseldorf fürchtet Lufthansa weitere Konkurrenz durch Billigflieger wie die irische Airline Ryanair. Also ist Spohr froh über die begrenzte Zahl an Flugrechten. „Lufthansa will den hohen Marktanteil am Rhein und am Main schützen“, sagt der Unternehmensberater Gerald Wissel und erklärt: „Weil Lufthansa weiteres Wachstum nicht selber schaffen kann, ist es ihnen lieber, wenn die Wettbewerber ausgebremst werden.“
Tatsächlich fehlen dem Kranich die Jets, um das unerwartet große Passagierwachstum der jüngeren Vergangenheit bewältigen zu können. „Wir suchen global neue Maschinen“, sagte ein Vorstand kürzlich unserer Redaktion. Noch schlimmer: Von 20 bestellten neuen Airbus A320 des Typen Neo sind erst 13 geliefert worden und diese fallen laufend aus. Ein Konzernsprecher sagt: „Diesen Kapazitätsengpass spüren wir deutlich.“