Tollwut: Urlaubern fehlt der Impfstoff
Viele Urlauber, die in Länder mit Tollwut fahren, lassen sich vorsorglich impfen. Dieses Jahr ist der Impfstoff jedoch kaum lieferbar. Der Amtsarzt rät gar von manchen Reisen ab und Veterinäre warnen vor bestimmten Tieren.
HILDEN Eine Reise nach Südafrika, das war für Ulrich Sievert (Name von der Redaktion geändert) und seine Frau schon lange ein großer Wunsch. In diesem Jahr wollen sie ihn sich erfüllen. Der Hausarzt riet dem Ehepaar jedoch dazu, sich gegen Tollwut impfen zu lassen, denn in Südafrika gebe es jede Menge frei laufende Hunde und Katzen, die als Überträger der Krankheit infrage kommen.
Sievert fragte in seiner Apotheke nach – und rieb sich die Augen: „Die sagten, der Impfstoff sei auf absehbare Zeit nicht zu bekommen. Und das war schon vor einigen Wochen“, berichtet er.
26 Apotheken im Kreis Mettmann sowie in Leverkusen und Umgebung klapperte Sievert ab. Erst die 27. war in der Lage, ihm mit einem Re-Import aus einem anderen Land zu helfen. Die Spritzen waren zwar rund 25 Euro teurer – aber wenigstens verfügbar.
Günter Spiller ist Inhaber der Turm-Apotheke in Hilden: Auch er bestätigt den Lieferengpass seit Mitte des Jahres und rät zum Re-Import, wo immer dies möglich sei. Andere Apotheker fügen hinzu, der Engpass hänge auch damit zusammen, dass die Hersteller seit etwa fünf Jahren die Produktion von Impfstoffen zurückhaltender angingen, weil die Krankenkassen so schlecht zahlten.
Empfohlen werden in Deutschland drei Spritzen pro Person innerhalb von 28 Tagen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO empfiehlt inzwischen für einen wirksamen Impfschutz nur noch zwei Spritzen pro Person.
Deutschland ist seit 2001 eigentlich Tollwut-frei. Einer der letzten offiziell dokumentierten Fälle trug sich in Leverkusen zu.. Kurt Molitor, der Amtsveterinär der Stadt, warnt allerdings dennoch vor Tiertransporten aus Ländern wie Rumänien – etwa zur Hunderettung. Dort sei Tollwut noch weit verbreitet, entsprechend vorsichtig müsse jeder sein, der sich einem solchen Tier nähert.
Ähnliche Vorsicht ist bei Fledermäusen geboten, deren Biss tatsächlich auch immer noch in Deutschland Tollwut übertragen kann.
Gefährdet sind aber vor allem Urlauber: „Aus Indien wissen wir beispielsweise, dass dort jedes Jahr noch rund 5000 Menschen durch Tollwut ums Leben kommen“, verrät Molitor.
Die vorsorgliche Impfung ist in diesen Ländern auch nach Auffassung des Medizinischen Dienstes der Stadt Leverkusen ein absolutes Muss. Mediziner Martin Oehler geht sogar soweit, zu empfehlen, die Reise in ein solches Land lieber abzusagen, wenn sich im Vorfeld kein Impfstoff
auftreiben lässt.
Denn wer etwa in Afrika oder Indien von einem Hund, einer Katze oder sonst einem Tier gebissen werde, müsse sich binnen weniger Stunden bis Tage mit einem Akutserum behandeln lassen. Bricht die Krankheit erst einmal aus, gibt es keine Heilungschancen“, sagt der Arzt.
Der Hildener Apotheker Spiller hat sich beim Verband erkundigt und herausbekommen, dass spätestens Ende November das Serum wieder vorrätig sein soll. Das helfe den Urlaubern in den Herbstferien zwar nicht, bilde aber immerhin einen Silberstreif am Horizont.
Ulrich Sievert und seine Frau haben unter dem Strich zwar 100 Euro mehr für ihre Impfung bezahlt, freuen sich aber jetzt unbeschwert auf ihre Reise.