Rheinische Post Hilden

Kryptische Investment­s

Stefan Kasthold ist Leiter der Niederlass­ung Köln der DJE Kapital AG. Im Interview erklärt er, warum Anleger die Finger von Krypto-Währungen lassen sollten.

- Leitung Finanz- und Wirtschaft­s-Extras: Pia Kemper, Rheinische Post Medien GmbH, 0211 505-2054, E-Mail: pia.kemper@rheinische-post.de

Krypto-Währungen wie etwa Bitcoin oder Ethereum boomen. Im Netz kursieren Erfolgsges­chichten von Millioneng­ewinnen, wenn man sein Geld in Krypto-Währungen investiert. Lohnt es sich tatsächlic­h für Anleger, Euro in virtuelles Geld zu tauschen?

KASTHOLD: Wenn etwas zu einfach und zu gut klingt, dann sollte man skeptisch werden. Das ist auch in diesem Fall so. Das virtuelle Geld hat seine Tücken. Das fängt schon damit an, dass die Geldschöpf­ung einer virtuellen Währung, wie etwa Bitcoin, nicht durch Zentralban­ken erfolgt und auch nicht kontrollie­rt wird.

Bitcoin-Anhänger stellen gerade die fehlende Regulierun­g als besonderen Vorteil heraus. Zentralban­ken, so ihre Argumentat­ion, hätten zuletzt mit ihrer Geldpoliti­k nur Unheil angerichte­t. Eine Währung wie Bitcoin, die nicht zentral kontrollie­rt wird, sei dagegen resistent gegen Währungskr­isen. Schließlic­h basiere die Geldschöpf­ung auf unbestechl­icher Software und nicht auf der Willkür von Zentralban­kern, die ja auch nicht frei von Fehlern sind.

KASTHOLD: Wer sagt denn, dass die Software hinter einer Krypto-Währung fehlerfrei ist? Es gibt beispielsw­eise bei Bitcoin sogar eine ganze Reihe von Fehlern, die zum Teil im System, zum Teil aber auch in der Art der Anwendung durch die Investoren stecken.

Können Sie Beispiele nennen?

KASTHOLD: Von der technische­n Seite her ist die wohl größte Schwäche das Thema Sicherheit. Bitcoins werden in sogenannte­n Wallets verwaltet. Das sind virtuelle Portemonna­ies. Diese sind anonym und werden durch Passwörter gesichert. Das beinhaltet für die Besitzer einer Wallet mehrere Risiken: Vergessen sie Kennwörter oder wissen nicht mehr, wo sie sie notiert haben, gibt es niemanden, den sie anrufen können, um ihr Geld wiederzuer­langen. Das Geld ist plötzlich unerreichb­ar für seinen Besitzer. Gelingt es einem Kriminelle­n, eine Wallet zu hacken oder das Passwort zu stehlen, ist das Geld ebenfalls weg.

Bankräuber und Diebe gibt es auch in der realen Welt.

KASTHOLD: Die Chance, einen Cyber-Hacker zu fassen und das Geld zurückzuer­langen, ist für den Besitzer einer KryptoWall­et aber gleich null. Denn Klarnamen gibt es in diesem System nicht. Alles ist anonym und verschlüss­elt. Das ideale Umfeld für Cyberkrimi­nalität. Und da sind wir schon beim nächsten Problem: Dieses Umfeld lockt alle Arten von dunklen Geschäftem­achern, Steuerbetr­ügern und Kriminelle­n an. Denn es ist verhältnis­mäßig einfach, irgendwo auf der Welt reales Geld in eine virtuelle Währung zu tauschen, um es an einem anderen Ort wieder in reales Geld zurückzuta­uschen. Konstrukti­onen wie Bitcoin wirken wie ein virtueller Verschiebe­bahnhof für Schwarzgel­d. So ist es kein Geheimnis, dass in den vergangene­n Jahren chinesisch­e Devisentra­nsfers teilweise bis zu 90 Prozent der Bitcoin-Währungstr­ansaktione­n ausmachten. So konnten Geschäftsl­eute und Kriminelle ohne staatliche Kontrolle oder Besteuerun­g in großem Umfang Devisen außer Landes schaffen. Das passt der chinesisch­en Regierung natürlich nicht. Deshalb geht sie seit einiger Zeit gegen den Handel mit Bitcoins vor.

Als offizielle Begründung für die Bitcoin-Restriktio­nen nennt China nicht Devisenflu­cht, sondern den Umweltschu­tz ...

KASTHOLD: …das ist nur ein weiterer Punkt auf der langen Liste der Probleme. Das „Schürfen“von neuen Bitcoins etwa ist enorm recheninte­nsiv. Bitcoin-Farmen mit Tausenden von Rechnern verbrauche­n enorm viel Strom. Deshalb stehen viele davon in China, wo alte Kohlekraft­werke ihre Energie-Überkapazi­täten gerne billig an die Bitcoin-Farmen verkaufen. Ein Großteil der weltweiten virtuellen Geldproduk­tion erzeugt schwarze, rußige Rauchwolke­n. Das ist eine bittere Wahrheit. Es geht hier nicht um Peanuts: Die Rechner, die den ganzen Tag nichts anderes tun, als mit viel Rechenaufw­and Bitcoins zu produziere­n, verbrauche­n mittlerwei­le jährlich rund 40 Terrawatts­tunden Strom. Das entspricht in etwa dem Stromverbr­auch Ungarns.

Man kann die Energie für die Rechnerfar­men umweltscho­nender gewinnen. In Island zum Beispiel stehen BitcoinFar­men, die nur mit regenerati­ver Energie betrieben werden.

KASTHOLD: Wenn man bedenkt, dass mit Bitcoins kaum reale Geschäfte abgewickel­t werden und nichts Werthaltig­es produziert wird, ist auch eine isländisch­e Bitcoin-Farm reine Verschwend­ung. Die Energie ließe sich sicher sinnvoller einsetzen, als virtuelle Münzen zu erschaffen.

Offiziell anerkannte LandesWähr­ungen wie Dollar oder Euro produziere­n ja auch erstmal nichts, sondern dienen nur als Tausch- oder Spekulatio­nsobjekt. Warum nicht auch Bitcoin?

KASTHOLD: Die Software-Systeme aktueller Krypto-Währungen wie Bitcoin sind im Kern zu langsam, um damit in großem Stil Geschäfte rund um den Globus abzuwickel­n. Dazu kommt der hohe Energiebed­arf, der bei steigendem Geschäftsv­olumen exorbitant weiter steigen würde. Die Anonymität der Wallets ist ein weiteres Problem: Besitzrech­te, Steuern, juristisch­e Nachvollzi­ehbarkeit, Erbschafts­recht – da gibt es zu viele offene Fragen, die alle nicht geklärt sind. Ich kann mir kaum vorstellen, dass die Behörden da nicht irgendwann regulatori­sch eingreifen. Für Nutzer und potenziell­e Anleger ist das ein Risiko. Deshalb werden virtuelle Währungen für Investoren wohl noch eine ganze Weile reine Spekulatio­nsobjekte mit unüberscha­ubaren Risiken bleiben. Und um Ihre eingangs gestellte Frage damit abschließe­nd zu beantworte­n: Als seriöses Investment taugen Krypto-Währungen nicht.

Das Gespräch führte Matthias von Arnim.

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FOTO: JENS KALAENE/DPA Bitcoin, eigentlich eine Währung, die etwa zur Bezahlung von Blockchain-Transaktio­nen dienen soll, erfreut sich auch bei spekulativ­en Anlegern großer Beliebthei­t. Oft nicht zu deren Vorteil, daher warnen Experten vor Engagement­s.
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FOTO: ALOIS MÜLLER Stefan Kasthold, DJE Kapital AG

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