Adventszeit ist Entbindungszeit
Salopp formuliert: Die Adventszeit verdanken wir einer Entbindung vor 2000 Jahren. Alle Jahre wieder dient die Adventszeit zu Vorbereitung eines Festes, an dem die Geburt des Kindes Jesus von Nazareth erinnert wird. In der Adventszeit ist es Zeit, sich auf die Entbindung vorzubereiten.
Entbindung: Für das geborene Kind bedeutet das Ende und Anfang. Ende, weil es den bergenden Mutterleib nach neun Monaten verlässt. Anfang, weil das Leben auf Erde und in der Welt beginnt. Wer das Licht der Welt erblickt, beginnt seinen Lebenslauf, geprägt von gelingenden und scheiternden Beziehungen, von Anziehungskräften und Distanzierungen, von Sympathien und Abscheu. Weite und Begrenzung des Lebens sind unsere Erfahrungen. Wir kommen Zeit unseres Lebens nicht über das
„Jesus verweigert sich allen Bindungen, die einschnüren“
geburtliche Da-Sein hinaus. Immer wieder gilt es, Vertrautes und Bekanntes zu verlassen, um Neues zu entdecken; im Loslassen einen Aufbruch ins Neue wagen – Ent-Bindung eben. Und wer Jahre lang intensiv arbeiten musste, weiß, wie wohltuend es ist, von Aufgaben entbunden zu werden.
Die Adventszeit bietet einen Zeit-Raum der Ent-Bindung, der Befreiung, der Entlastung. Diese sind mit dem Kind, dessen Geburt wir Weihnachten feiern, verknüpft. Als Erwachsener lebt dieses Kind ein kindliches Gottvertrauen. Die Freundschaft mit Gott ist seine unsichtbare Nabelschnur. Jesus von Nazareth weiß sich von Gott vorleistungsfrei gehalten. Darum kann er sich von allem entbinden, was ihm einreden will: „Du, mich, ja mich, brauchst du fürs Leben, unbedingt“. Jesus verweigert sich allen Bindungen, die das Leben einschnüren, die Entfaltung von Glaube, Hoffnung und Liebe hindern. Und er lädt uns ein, seinem Beispiel zu folgen: „Entbinde dich – hin zu Gott, hin zu uns selbst und hin zu unseren Mitmenschen. Adventszeit ist Entbindungszeit. Wagen wir es!