Der Jubi: Vom Park zur tristen Steinwüste
In den 60er Jahren gab es Überlegungen, unter der Kreissparkasse einen Swimmingpool zu bauen. Die Bäume auf dem Platz wurden bis auf einen abgeholzt.
METTMANN Straßen auf, Straßen zu. Bald soll´s auch noch Shared-Space-Experimente geben rings um den Jubiläumsplatz. Über ihn wurde schon so vieles gesagt und so manches verteufelt, was auf ihm zum Stehen kam. So wie die Kreissparkasse, die einen Mettmanner Landschaftsarchitekten einst mit äußerst knappen Worten sagen ließ: „Sprengen.“Nun ist es allerdings nicht so, dass der „Jubi“, wie er liebevoll genannt wird, erst in den letzten Jahren zum Aufreger geworden ist. Schon vor mittlerweile 55 Jahren hatte sich offenbar so einiges aufgestaut bei den Mettmannern. Im Hotel Vogel herrschte an diesem Herbstabend im Oktober 1963 jedenfalls ziemliches Gedränge. Gefühlt hatte sich die halbe Stadt auf den Weg gemacht, um sich an der Debatte um die geplante Umgestaltung zu beteiligen. Die Stadtväter schienen offenbar schlau, und Bürgerbeteiligung kein Fremdwort gewesen zu sein. Jedenfalls wollte man die Mettmanner frühzeitig mitreden lassen und über die Pläne informieren, um „den Willen des kleinen Mannes“zu erforschen.
Auf der Tagesordnung standen vor allem der geplante Neubau der Kreissparkasse und die Zufahrtsrampen zur Tiefgarage. Man wollte keinen Ärger riskieren und das Stadtzentrum nicht zu etwas werden lassen, über das noch Jahre später geklagt wird. Und siehe da: Die Mettmanner zeigten, dass sich Bürgerbeteiligung lohnt. „Es wurde nicht gezetert. Die Diskussionen wurden sachlich und zielstrebig geführt“, lobten die Chronisten später in der Medamana die gelungene Veranstaltung. „Eigentlich sollte die Kreissparkasse noch ein oder zwei Stockwerke höher werden. Das wurde verhindert, damit man die Kirchen noch sehen kann, wenn man von der Flintropstraße aus in die Innenstadt fährt“, erinnerte sich Helmut Kreil einst daran, dass man unbedingt das Weichbild der Stadt erhalten wollte. Dass etliche Häuser der Mühlenstraße dem Abrisshammer zum Opfer fallen sollten, störte damals übrigens niemanden. „Die waren sehr baufällig“, kommentierte der Baas der Aulen Mettmanner eine Entscheidung, die heute wohl für reichlich Aufruhr sorgen würde.
Das verlotterte Ambiente des ehemals imposanten Platzes scheint vielen Zuhörern ohnehin seit langem ein Dorn im Auge gewesen zu sein. Der alte Springbrunnen war längst der Straßenbahn gewichen. Der Versuch, dort inmitten einer mit großem Pomp und Getöse abgehaltenen Feierstunde einen Eichenbaum zu pflanzen, war schon in den 1930er Jahren gescheitert. Auch die heimlich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion gepflanzte Nachfolgerin wollte nicht anwachsen. Der Bau eines
„Repräsentationsgebäudes“war in den Wirren der Nachkriegsjahre in seinen Anfängen stecken geblieben. Im Schatten des unansehnlichen Torsos habe sich mittlerweile „lichtscheues Gesindel“niedergelassen - so jedenfalls ist es in der Chronik nachzulesen. Auch die öffentlichen Bedürfnisanstalten hätte man wohl lieber irgendwo im Eckchen gesehen. Es gab also offenbar reichlich Grund zum Meckern und Klagen. Und dass sich am Jubi nun endlich mal was tun sollte, sorgte zwar für hitzige, aber keineswegs unwillkommene Debatten.
Ach ja, einen Aufreger gab es dann doch noch: Der Neubau der Kreissparkasse sollte im Untergeschoss eine Badeanstalt enthalten. Unten lustwandelt der Sparkassendirektor, und oben wird das Geld gezählt? Das geht gar nicht, da waren sich alle einig. Nach einem genauen Blick auf die Pläne konnte man in Sachen Sparkassen-Spaßbad allerdings schnell Entwarnung geben. Nein, sie sollten dort nicht faul im
Liegesessel neben dem Pool liegen - die Mitarbeiter der Sparkasse. Stattdessen sollten sie für ihre Körperhygiene sorgen können in Zeiten, in denen noch nicht jede Wohnung über ein Bad verfügte. Es gab durchaus ernsthafte Überlegungen, diesen Plänen zuzustimmen. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass sich die Türen dieser Badeeinrichtung unter dem Jubiläumsplatz für alle Mettmanner geöffnet hätten. Schließlich wurde die Idee verworfen, derweilen verlor man noch ein paar mahnende Worte in Sachen Verkehrsplanung. Denn schon damals war klar, dass es immer enger werden würde im Zentrum der Stadt. Für diese Erkenntnis brauchte man weder eine Glaskugel, noch seitenlange Gutachten. Eines allerdings sollte man sich in Erinnerung rufen: Die Mettmanner wollten die Kreissparkasse und niemand hat sich gestört an der modernen Architektur, die auf dem Jubi Einzug hielt. Die Zeiten ändern sich – und mit ihnen eben auch die Dinge. Man könnte Kierkegaard bemühen, der einst sagte: „Verstehen kann man das Leben rückwärts, leben muss man es aber vorwärts.“